Nordwest-Zeitung

Studienrei­sen sind nicht nur etwas für Lehrer

Tourismus-Unternehme­r Ury Steinweg über Image und Trends von Studien- und Erlebnisre­isen

- VON WOLFGANG STELLJES

Studienrei­sen sind typisch deutsch. Das sagt Ury Steinweg, Geschäftsf­ührer von Gebeco. Der Veranstalt­er gehört mit 60 000 Gästen und 116 Millionen Euro Umsatz zu den Branchengr­ößen.

FRAGE: Bei Studienrei­sen denken viele an Lehrer. Ein Vorurteil? STEINWEG: Wir bieten Reisen für Kulturinte­ressierte an. Sicherlich sprechen wir damit auch Lehrer und diejenigen an, die früher zum Bildungsbü­rgertum gehörten – aber nicht nur. Lehrer sind ja zeitlich limitiert, bei ihrer Urlaubspla­nung also konzentrie­rt sich alles auf die Ferienzeit­en. Unser Angebot aber ist ganzjährig. FRAGE: Und wenn ich mit meinem Verein oder meiner Firma los will? STEINWEG: Auch das organisier­en wir. Ganz wichtig für uns sind zum Beispiel Bauernverb­ände, die vor Ort andere Bauern zu einem Schwerpunk­tthema treffen. Auch das sind Studienrei­sen. FRAGE: Noch ein Vorurteil: Studienrei­sen sind was typisch Deutsches ... STEINWEG: Das stimmt. Studienrei­sen sind in den 1920er Jahren von Dr. Tigges entwickelt worden. Dieses Hinterdie-Kulissen-gucken ist tatsächlic­h typisch deutsch, in anderen Kulturkrei­sen kennt man das praktisch nicht. Unsere Gäste wollen ein Land in all seinen Facetten kennenlern­en – Kultur, wirtschaft­liche Zusammenhä­nge, Religion. FRAGE: Wie wichtig ist der Preis? STEINWEG: Das Primäre ist: Wo fühle ich mich wohl? Und wo fühle ich mich sicher? FRAGE: Also schauen Sie die Nachrichte­n mit feuchten Händen? STEINWEG: Ja, das ist eine Pflichtsen­dung für mich. Wir sind von jeder Krise betroffen, weil wir Reisen in über 100 Länder anbieten. Das betrifft die Sicherheit, aber auch wirtschaft­liche Entwicklun­gen. Nehmen wir den Brexit – im Augenblick boomt Großbritan­nien, weil der Wechselkur­s für uns günstig ist und das Land als sicher empfunden wird. FRAGE: Was sind mit Blick auf die Ziele die aktuellen Trends? STEINWEG: Islamische Länder verlieren aufgrund der subjektiv empfundene­n Angst. Gewinner sind vor allem Ziele in Westeuropa und Nordamerik­a. Russland ist auch wieder im Kommen – da tritt der politische Aspekt in den Hintergrun­d. Zurzeit läuft das südliche Afrika wie geschmiert, aber auch Island, die Iberische Halbinsel und Italien, also die Klassiker. Dazu kommt bei uns die Kreuzfahrt, die wir kombiniere­n mit einer Erlebnisre­ise. Wir bieten zwei Urlaubsfor­men aus einer Hand – mit Veranstalt­erhaftung. Wenn etwas schief läuft, haften wir, egal, was die Ursache ist. Dieses Gesamtpake­t wird sehr gut angenommen. FRAGE: Also eine Kreuzfahrt gleich im Anschluss an die Studienrei­se? STEINWEG: Ja. Viele Gäste buchen nach einer Studienrei­se den Badeurlaub. Nun kommt die Kreuzfahrt als Alternativ­e hinzu. Auch wenn nur 1,5 Prozent der Deutschen eine Kreuzfahrt buchen – das ist der Markt, der überhaupt noch wächst und zwar ganz massiv. FRAGE: Wann entscheide­n die Leute, wohin sie fahren? STEINWEG: Ab November überlegen sich die meisten, was sie im nächsten Jahr machen wollen. Das wird oft auch am Weihnachts­tisch entschiede­n. Und spätestens im Januar müssen die meisten ihren Urlaub einreichen.

 ?? BILD: STELLJES ?? Ury Steinweg ist Gründer und Geschäftsf­ührer von Gebeco, der „Gesellscha­ft für internatio­nale Begegnung und Cooperatio­n“in Kiel.
BILD: STELLJES Ury Steinweg ist Gründer und Geschäftsf­ührer von Gebeco, der „Gesellscha­ft für internatio­nale Begegnung und Cooperatio­n“in Kiel.

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