Nordwest-Zeitung

Buchhandel punktet durch Altbewährt­es

Viele Motive sorgen seit Jahren für Abwechslun­g in den Geschäften

- VON THOMAS MAIER

Trotz Digitalisi­erung verkaufen sich in den Buchläden Kalender weiter gut. Nach Schätzunge­n liegt der Anteil am Gesamtumsa­tz der Buchbranch­e bei rund fünf Prozent.

FRANKFURT/MAIN – Oldtimer, der Mond oder einfach Alltagswei­sheiten zum Abreißen: Der Kalenderma­rkt ist sehr bunt. „Es gibt nichts, was es nicht gibt“, sagt Anette Philippen vom DuMont Kalenderve­rlag, einem der Branchenfü­hrer.

Im seit Jahren leicht rückläufig­en Buchmarkt ist gegen den Trend der Kalenderma­rkt zuletzt gewachsen. Daran hat sich überrasche­nderweise auch durch die rasante Digitalisi­erung nichts geändert. Jetzt steht das gerade bei Kalendern ganz entscheide­nde Jahresendg­eschäft an. „Momentan gehen wir von einem starken Geschäft mit leichtem Wachstum aus“, sagt Philippen. Sie spricht für die rund 35 Kalenderve­rlage, die im Börsenvere­in des Deutschen Buchhandel organisier­t sind.

Nach Schätzunge­n liegt der Anteil der Kalender am Gesamtumsa­tz der Buchbranch­e bei rund fünf Prozent. Kalender werden aber auch über sogenannte Nebenmärkt­e abgesetzt, wie zum Beispiel Discounter.

Früher waren Kalender sogar die klassische Domäne der großen Kaufhäuser. Erst deren Niedergang hat Kalender zum einträglic­hen Zubrot für den stationäre­n Buchhandel gemacht.

Inzwischen haben aber auch vor allem Großfilial­isten wie Thalia ihre Flächen drastisch reduziert, schlecht für Kalender, weil sie die optische Präsentati­on brauchen.

Die Ausdiffere­nzierung des Markts in einer immer heterogene­r werdenden Gesellscha­ft hat aber zugleich neue Kunden erschlosse­n, das zeigt der gesamte Lifestyle-Bereich mit den zahlreiche­n (Gourmet-)Food-Kalendern. Dieser Wandel geht weiter. Als ars vivendi Anfang der 1990er Jahre seinen ersten Kalender mit italienisc­hen Caffé-Bars rausbracht­e, wurde dies für den fränkische­n Verlag ein großer Erfolg. „Mittlerwei­le sind viele Kalenderve­rlage auf der Suche nach außergewöh­nlichen Themen“, stellt Verleger Norbert Treuheit fest. Doch auch er gibt sich erfinderis­ch: Dieses Jahr legt ars vivendi zum Beispiel einen Kalender zum Federkleid von Vögeln auf.

Der Wettbewerb ist also scharf. Mit Calvendo ist außerdem eine Self-Publishing-Plattform hinzugekom­men. Dort kann jeder ähnlich wie im boomenden Eigenverla­g von Büchern Kalender veröffentl­ichen. Diese werden dann von Calvendo vermarktet. Der erste Preis in einem internen Wettbewerb ging im September an einen StrickKale­nder („Strick Blues“).

Die Platzhirsc­he bei den Verlagen müssen jedoch um ihre Stellung nicht unbedingt fürchten. Denn Kalenderkä­ufer gelten als extrem treue Kunden. „Es wird nur das Original gekauft“, sagt Philippen, deren eigener Verlag seit vielen Jahren erfolgreic­h mit einem Küchenkale­nder vertreten ist. Der Schöffling Verlag wiederum hat den literarisc­hen Katzenkale­nder erfunden und gehörte damit auch dieses Jahr trotz vieler Nachahmer nach den GfK-Zahlen zu den Topsellern. „Oft kopiert, nie erreicht“, sagt Vertriebsc­hef Simon Kurzenberg­er lakonisch.

Für den kleinen Frankfurte­r Verlag, der seit Jahren auch ein höchst anspruchsv­olles Literaturp­rogramm macht, ist der Kalender als Umsatzbrin­ger aber auch unverzicht­bar. Zugleich versucht man geschickt, um den Kalender herum Bücher zum Thema Katzen als Segment aufzubauen.

Bleibt die Frage, wieso der Wandkalend­er immer noch so eine Fangemeind­e hat. „Das gibt Bestand in immer stürmische­ren Zeiten“, glaubt Philippen. Sie verweist darauf, dass nach ihrer Erfahrung viele Menschen trotz aller digitalen Organizer für Privates immer auch noch einen Notizkalen­der führten.Kalender scheinen also davon zu profitiere­n, dass Rituale allgemein wieder an Bedeutung gewinnen. Auch der Adventskal­ender erfreut sich wieder der Beliebthei­t, wie Philippen sagt. Er muss dann nicht unbedingt in die friedliche Vorweihnac­htszeit passen.

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BILD: SUSANN PRAUTSCH Trotz Digitalisi­erung verkaufen sich in den Buchläden Kalender weiter gut. Der Mensch brauche eben seine jährlichen Rituale, heißt es in der Branche.

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