Auflösungserscheinungen an der Elbe
Wir wissen nicht, welche feinen Geschenke Uwe Seeler von seinen Freunden zum 80. Geburtstag erhalten hat. Von seinen Nachfolgern auf dem Platz gab’s herzlich wenig. Stattdessen verteilten sie das Wenige, was sie mitgebracht hatten, großzügig an die Gäste aus Dortmund. Die griffen zu und stürzten den Bundesliga-Dino noch ein Stück tiefer in die Krise. Merke: Wenn sie an der Elbe glauben, es geht nimmer schlimmer, dann wird es garantiert immer schlimmer.
Zehn Spiele, null Siege: Normalerweise entlässt ein Club in einer solchen Situation den Trainer. Das hat der HSV schon gemacht. Die andere Variante: Er nimmt Geld in die Hand. Hat auch nicht gefruchtet. 33 Millionen Euro für neue Spieler gab der HSV aus. Was nun also?
Von den eigenen Fans erst verspottet („Erste Liga, keiner weiß warum“) und später mit Häme überschüttet („Außer Uwe könnt ihr alle gehen“) müssen die total verunsicherten Spieler ausbaden, was nicht allein sie zu verantworten haben. Kaderplanung, Außendarstellung, Teamführung, Auswahl von Führungskräften: Statt Einigkeit, Entschlossenheit und Ruhe bestimmen Zerrissenheit, Eitelkeiten und Machtspielchen das Tagesgeschäft an der Clubspitze.
Vereinsboss Dietmar Beiersdorfer hängt an der finanziellen Nabelschnur von Investor Klaus-Michael Kühne. Der wiederum mischt sich in die Arbeit des Aufsichtsrats ein. Kein Wunder, dass sich der HSV schwer tut, einen Sportdirektor zu verpflichten. Der ehemalige HSV-Kapitän Nico-Jan Hoogma hat dankend abgesagt, und auch der frühere Schalke-Manager Horst Heldt zaudert.
In Hamburg haben sie jetzt alle Zutaten beisammen, die es braucht, um den ruhmreichen Sportverein in seine Einzelteile zu zerlegen. In solchen Momenten denkt jeder zuerst an sich selbst. HSV-Profi Michael Gregoritsch wurde nach Spielschluss dabei beobachtet, wie er im Kabinengang hinter Dortmunds Mario Götze herlief, um dessen Trikot zu ergattern. Uwe Seeler hätte so ein Geschenk nicht angenommen. @ Den Autor erreichen Sie unter Bals@infoautor.de