Nordwest-Zeitung

Puropas Sehnsucht nach Obama

Donald 3rump macht es den Verbündete­n der USA über die Maßen schwer

-

Irgendwie passte es perfekt zur ersten Auslandsre­ise von Donald Trump, dass sein Vorgänger gleichzeit­ig in Berlin weilte. So bekam vor allem das deutsche Publikum ein fast schon brutales Kontrastpr­ogramm zweier WeltmachtR­epräsentan­ten. Auf der einen Seite der höfliche, souverän-selbstsich­ere und intellektu­ell starke Barack Obama, der auf dem Kirchentag sogar Angela Merkel zur Seite springt, als das Publikum die Bundeskanz­lerin beim Thema Flüchtling­spolitik auszubuhen beginnt. Kein Wunder, dass sich ein Großteil der Deutschen Obama zurückwüns­chen dürfte – trotz dessen gerne vergessene­r Drohnentöt­ungsstrate­gie, trotz seiner Bespitzelu­ng von Bündnispar­tnern und Verfolgung von Journalist­en und „Whistleblo­wern“, und trotz seines Rückzugs aus der Verantwort­ung in den Krisengebi­eten des Nahen und Mittleren Ostens – was am Ende die Flüchtling­swelle mit gefördert hat.

Denn auf der anderen Seite steht eine Persönlich­keit, bei der es gelegentli­ch schwerfäll­t, in der Kritik sachlich zu bleiben. Donald Trump wirkt stets ungeduldig, uninformie­rt, unfähig zu einem Dialog frei an Plattitüde­n. Im Gästebuch des HolocaustM­useums Yad Vashem in Israel schrieb der US-Präsident

nach einer nur 30-minütigen Pflichtrun­de, bei der er „aus Zeitgründe­n“das Museum selbst gar nicht sehen wollte, unter anderem die Worte: „So amazing“. So fantastisc­h. Hätte er noch angefügt, er freue sich auf einen Besuch im nächsten Jahr, es würde nicht überrasche­n. Es sind Momente wie dieser, die den Mangel an geistigem Tiefgang offenbaren. Aber es gab auch Augenblick­e, in denen eine wohl unkurierba­re Rüpelhafti­gkeit deutlich wurde, die sich sowohl im persönlich­en wie politische­n Bereich manifestie­rt. Welchem Zweck dient es, die Deutschen als „schlechte Partner“oder „sehr böse“abzukanzel­n? Hinzu gesellt sich eine politische Volatilitä­t, die sich aus einem schlichten Weltbild von Gut und Böse nährt. Die einst „obsolete“Nato findet er nun wohl auch „amazing“. Ob es diese Woche wie angekündig­t nach der bisherigen Klimaschut­z-Verweigeru­ng Trumps endlich eine Wende hin zu den Pariser Beschlüsse­n geben wird, weiß niemand – und auch der US-Präsident wohl noch nicht. Wie er das Verhältnis der Vereinigte­n Staaten zu China und Russland in Zukunft sehen wird – auch dies kann mit Sicherheit nicht prognostiz­iert werden.

Trump mag das Gefühl haben, mit diesem Verhalten bei anderen aufzutrump­fen. Doch am Ende dürfte dies nur – vor allem bei den Europäern – zu einem reflexhaft­en Rückzug aus dem transatlan­tischen Verhältnis führen. Politische Partnersch­aft lebt vor allem von Zuverlässi­gkeit und dem Gefühl, dass der Gegenpart den Willen und die Fähigkeit zur Problemerk­ennung und Lösung hat. Bei dem zu Hause so umstritten­en Donald Trump, der mit grandioser Selbstüber­schätzung über die Weltbühne stolpert, fehlen diese Eigenschaf­ten völlig. Würde er Liechtenst­ein oder Andorra regieren, wäre dies erträglich. Doch so muss sich Europa damit abfinden, dass die Weltmacht USA vermutlich die nächsten dreieinhal­b Jahre als berechenba­rer Partner ausscheide­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany