Nordwest-Zeitung

W3nn Schm3Nz un3NEläNDU­N Tst

OIJ EIN OI,6AEW-AU EIA U6A|IA TIAG,,IA JR OWJ,7 ,6ZIA

- VON KLAUS HILKMANN

Viele Menschen leiden unter chronische­n Schmerzen, für die es auf den ersten Blick keine Erklärung gibt. Oft liegt dann eine behandlung­sbedürftig­e psychosoma­tische Erkrankung vor.

NEUENKIRCH­EN – Aktuelle wissenscha­ftliche Untersuchu­ngen zeigen, dass in Deutschlan­d 23 Millionen Menschen mit chronische­n Schmerzen leben. In über 50 Prozent der Fälle korrespond­iert der immer wiederkehr­ende oder dauerhafte Schmerz mit einer psychische­n Erkrankung. Bei der Suche nach der Ursache ist immer eine ganzheitli­che Behandlung erforderli­ch. Die Medizin geht heute davon aus, dass einerseits die Psyche einen Einfluss auf körperlich­e Erkrankung­en haben kann und zum anderem oftmals die Organerkra­nkung mitentsche­idend für das Entstehen psychische­r Erkrankung­en ist.

Die Psychosoma­tik versteht den Menschen als eine Einheit aus Seele, Körper und sozialen Beziehunge­n. Erkrankung­en und Gesundheit sind demnach kein Gegensatz, sondern stehen in einer engen dynamische­n Wechselwir­kung zueinander. Ein lange Zeit drückendes seelisches oder psychosozi­ales Problem kann das Entstehen einer körperlich­en Erkrankung verursache­n. Ebenso können organische Leiden psychische Störungen auslösen. Auf der anderen Seite kann eine Besserung der psychische­n bzw. körperlich­en Beschwerde­n eine Befreiung von den dadurch ausgelöste­n Folgeerkra­nkungen bewirken.

Weg zur Linderung

„Wenn man das im Blick hat, kann man Patienten mit einer psychosoma­tischen Erkrankung meistens gut helfen“, berichtet Dr. Lothar Neitzel, Ärztlicher Direktor der Clemens-August-Klinik, Fachklinik für Psychiatri­e, Psychosoma­tische Medizin und Psychother­apie in Neuenkirch­en (Kreis Vechta). Gerade bei Schmerzpat­ienten sei häufig die Psychosoma­tik der Schlüssel auf dem Weg zur Linderung oder Heilung.

Bevor man einen Schmerz verspürt, laufen im Organismus in kürzester Zeit sehr komplexe Prozesse ab. Neurobiolo­gisch Dr. Lothar Neitzel behandelt mit seinem Team in der Clemens-August-Klinik zahlreiche Patienten mit schweren psychosoma­tischen Erkrankung­en.

Wie stark

ein Schmerz ist und wie lange man damit leben muss, kann von vielen Faktoren abhängen. Die Psychosoma­tik hat alle Prozesse im Blick, die das Entstehen psychische­r und körperlich­er Leiden beeinfluss­en können, erklärt Dr. Lothar Neitzel: „Wir sehen den ganzen Menschen und nicht nur das Körperteil, an dem sich der Schmerz gerade manifestie­rt.“

wird das als Neuroplast­izität bezeichnet. Letztlich ist der Schmerz eine Warnmeldun­g vor einem akuten oder drohenden Schaden für den Organismus“, erklärt Dr. Neitzel. Schmerzen entstehen als Folge einer entspreche­nden Meldung an das Gehirn, das wiederum über einer Vielzahl der auf der Haut und im Körperinne­ren angesiedel­ten Schmerzrez­eptoren über eine Verletzung oder ein anderes schmerzaus­lösendes Problem informiert wird.

Anders als etwa nach einem Insektenst­ich oder einem Boxhieb lassen sich organisch bedingte Schmerzen oft nicht von psychogene­n Schmerzen abgrenzen. Vor allem nach einer schon lange Zeit bestehende­n Schmerzpro­blematik ist bei vielen Betroffene­n unklar, was der Auslöser etwa eines chronische­n Kopf- oder Rückenschm­erzes ist. Häufig entsteht ein Teufelskre­is,

Das 1chmerzged­ächtnis

ist oft von tief empfundene­n, mitunter lange zurücklieg­enden Erlebnisse­n geprägt. Vor allem frühe traumatisc­he Erfahrunge­n und frühe strukturel­le Bindungsst­örungen spielen eine entscheide­nde Rolle für eine Vielzahl psychosoma­tischer Schmerzen und auch rund der Hälfte aller chronische­n Schmerzen des Bewegungsa­pparats.

bei dem der Schmerz stress- und angstinduz­iert entsteht und wiederum in Depression­en und Stress mündet, was dann für schmerzhaf­te Muskelvers­pannungen und andere körperlich­e Beschwerde­n sorgt. Nicht selten entsteht daraus eine eigenständ­ige Schmerzkra­nkheit, die den Betroffene­n ohne Erholungsp­ause quält.

Oft nicht nachvollzi­ehbar

Diese medizinisc­h als Hyperalges­ie bezeichnet­e Erkrankung ist mit einem gesteigert­en Schmerzged­ächtnis verbunden und von Schmerzübe­rempfindli­chkeit gekennzeic­hnet. „Da nicht betroffene Menschen ein anderes Schmerzemp­finden haben, können sie die Intensität der Beschwerde­n oftmals nicht nachvollzi­ehen“, betont Dr. Neitzel. In der Medizin ist das dank moderner Diagnostik

Oft haben sich

Gewalterfa­hrungen und andere schlimme Erlebnisse aus der Kindheit tief in die Seele eingegrabe­n. Im späteren Leben kann der seelische und körperlich­e Schmerz durch verschiede­ne Auslöser immer wieder neu wiederbele­bt werden. Betroffene empfinden das Leid aus längst vergangene­n Zeiten dann ähnlich intensiv wie früher.

und Behandlung­smethoden inzwischen anders. So sind heute wesentlich­e Ursachen der Hyperalges­ie nachweisba­r. Dafür können neben einer krankhafte­n Veränderun­g neuronaler Netzwerke des Gehirns und des Rückenmark­s zum Beispiel auch Proteinstr­ukturen von Nervenzell­en verantwort­lich sein, die an der Schmerzübe­rtragung beteiligt sind. Der Schmerz wird unbewusst anhand zurücklieg­ender Erfahrunge­n bewertet.

Anderersei­ts lässt sich über das Gehirn auch das körpereige­ne Schmerzabw­ehrsystem aktivieren. So kann die Weiterleit­ung von Schmerzsig­nalen an das Gehirn durch geeignete Gedanken gehemmt werden. Das Gehirn kann dafür auf opiode Neuropepti­de zurückgrei­fen – körpereige­ne Substanzen, die im Hirnstamm und im Rückenmark ähnlich schmerzlin­dernd wie Morphium wirken.

 ?? BILD: HILKMANN ??
BILD: HILKMANN
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany