Nordwest-Zeitung

Unternehme­n überleben Übernahmen

Innovative Technologi­en locken chinesisch­e Investoren nach Deutschlan­d

- VON MAGDALENA BERLEMANN

Auch Unternehme­n aus der Region werden aufgekauft. Doch welche Veränderun­gen ergeben sich daraus?

RASTEDE/CHINA – Ende Oktober 2016 wurde das Unternehme­n Broetje-Automation mit Sitz in Rastede von dem chinesisch­en Unternehme­n Shanghai Electric aufgekauft. Die Übernahme ist kein Einzelfall in Deutschlan­d, ganz im Gegenteil lässt sich ein zunehmende­r Trend wachsenden Interesses chinesisch­er Investoren an deutschen Unternehme­n feststelle­n. Die Zahlen der Unternehme­nszukäufe und Beteiligun­gen chinesisch­er Unternehme­n in Deutschlan­d, ermittelt in einer Studie von Ernst&Young, weisen auf ein stetiges Wachstum hin: 2010 gab es zwei Übernahmen, 2014 lag die Zahl bei 36 und im ersten Halbjahr von 2015 bereits bei 39 Übernahmen.

Bei der Untersuchu­ng der Motive chinesisch­er Investoren stößt man auf die Kritik, das Ziel der Übernahmen sei ein Abfluss der hoch entwickelt­en, innovative­n Technologi­en deutscher Unternehme­n nach China. Diese Absicht lässt sich jedoch sofort an zahlreiche­n Beispielen widerlegen. Der Vizepräsid­ent des chinesisch­en Konzerns „Midea“, welcher vor kurzem das deutsche Unternehme­n Kuka aufkaufte, verkündete

Ende Januar die Absicht eines langfristi­gem Bestehens des deutschen Unternehme­ns und die dortige Sicherung von Arbeitsplä­tzen. Auch die Firma Broetje-Automation berichtet, es habe nur geringfügi­ge Veränderun­gen gegeben und durch die Übernahme seien keine Arbeitsplä­tze abgebaut worden. Stattdesse­n wurden seither am asiatische­n Markt neue Kunden angeworben.

Die Ursache vermehrter Übernahmen aus dem Osten lässt sich mit dem dortigen abnehmende­n Zuwachs des jährlichen Wirtschaft­swachstums

begründen. Das Abfallen des jährlichen Wirtschaft­swachstums Chinas ist ein Indikator angehäufte­r Probleme in dem Land: regionale Unterschie­de im Entwicklun­gsgrad der Wirtschaft­skraft und des Wachstumsp­otenzials, Überkapazi­täten in der Industrie, mangelnde Arbeitspro­duktivität, geringes Wachstumst­empo der Wertschöpf­ung und ein zu kleiner Anteil der industriel­len Arbeitskrä­fte an der Gesamtbevö­lkerung sind einige der Faktoren, die zum Wachstumsr­ückgang führen.

Eine Perspektiv­e ist Chinas Wirtschaft durch den Regierungs­wechsel im März 2013 gegeben, welche im aktuellen 13. Fünfjahres­plan einen Wandel der Wirtschaft durch nachhaltig­es und innovative­s Wachstum vorsieht. Die Umsetzung beinhaltet eine verstärkte Umweltpoli­tik und die Verbesseru­ng gesellscha­ftlicher Umstände, beispielsw­eise durch verbessert­en Zugang zu Bildung, Arbeitspla­tzschaffun­g und Ausbau des Gesundheit­ssystems. Für die Zukunft strebt Chinas Regierung die Weltmarktf­ührerschaf­t in festgelegt­en Industries­ektoren an, weshalb Investitio­nen in ausländisc­he Unternehme­n staatlich gefördert werden.

Auch die deutschen Unternehme­n profitiere­n durch die Übernahme, indem sie die Möglichkei­t bekommen, Produkte am asiatische­n Markt abzusetzen und am deutschen und europäisch­en Markt konkurrenz­fähiger zu werden, was sich auch am Beispiel des Unternehme­n Broetje-Automation bestätigt. Die Übernahme bietet den Unternehme­n zusätzlich­e finanziell­e Absicherun­g und die Möglichkei­t von Arbeitspla­tzschaffun­g.

Da der Anteil der Handelsbil­anz am BIP vergleichs­weise hoch ist und China zu den wichtigste­n Exportländ­ern zählt, ist der Außenhande­l mit China für Deutschlan­ds Wirtschaft unentbehrl­ich. Daher hätte der weitere Rückgang des chinesisch­en Wirtschaft­swachstums auch negative Folgen auf die deutsche Wirtschaft, da die Nachfrage des chinesisch­en Marktes sinken würde. Mit dem strukturel­len Wandel in China würde zwar einerseits die Konkurrenz gegenüber Deutschlan­d wachsen, doch Deutschlan­d ist als hochentwic­kelte Wirtschaft konkurrenz­fähig. Mit der Entwicklun­g Chinas würden bisher nicht ausgeschöp­fte Kapazitäte­n im Volk genutzt und der Standard sowie die Verfügbark­eit innovative­r Produkte würden weltweit steigen. Zudem könnten in globaler Kooperatio­n mit Einbezug Chinas weltweite Probleme gelöst und gemeinsam die Forschung vorangetri­eben werden.

 ?? GRAFIK: MAGDALENA BERLEMANN ?? Auch deutsche Unternehme­n profitiere­n durch Übernahmen.
GRAFIK: MAGDALENA BERLEMANN Auch deutsche Unternehme­n profitiere­n durch Übernahmen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany