Macron-Seeligkeit
Mas Ergebnis ist mit Einschränkungen sensationell. Die deutschen Reaktionen auf die Wahl zu Frankreichs Nationalversammlung irritieren hingegen. Realitätsfern waren diese schon nach der Wahl Emmanuel Macrons zum Präsidenten. Jetzt kommt eine bizarre Note hinzu.
Der Durchmarsch der Macron-Partei ist in der Tat eine kleine Revolution. Einer völlig neuen Bewegung ist es innerhalb kürzester Zeit gelungen, das politische System umzukrempeln – und das auch noch mit liberaler Programmatik, die es in Frankreich traditionell schwer hat. Das war’s aber auch bereits an Sensation. Es bleiben jede Menge Fallen und Unwägbarkeiten:
Zum Ersten basiert der Erfolg ausschließlich auf der Person Emmanuel Macron. Solche Bewegungen pflegen nicht unbedingt längerfristig stabil zu bleiben. Zum Zweiten ist zweifelhaft, ob es Macron gelingen wird, die französische Krankheit – die Verkrustung des Arbeitsmarktes, der Wirtschaft und des Sozialsystems – zu heilen. Zum Dritten ist ihm nun zwar eine überwältigende parlamentarische, aber mit Sicherheit keine gesellschaftliche Mehrheit sicher. Von 100 Franzosen haben 49 nicht gewählt und nur 15 für die Macron-Partei gestimmt. Das Potenzial für den Widerstand der Straße gegen die anstehenden Reformen ist also gewaltig. Zum Vierten ließ Macron bereits durchscheinen, dass er nicht daran denkt, fiskalische Disziplin zu üben, und dass die Deutschen seine Reformen mitfinanzieren sollen.
Es ist genau dieser Punkt, der die Macron-Seeligkeit deutscher Politiker so merkwürdig macht. Den Vogel abgeschossen hat dabei der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz. Der twitterte jubilierend über den Macron-Sieg und schrieb weiter, es brauche für die Reform Europas nun auch den Wechsel in Deutschland. Dabei übersieht Schulz dreierlei. Die Macron-Welle ist dezidiert gegen das politische Establishment gerichtet. In Deutschland gehört dazu auch – die SPD. Macron ist wirtschaftsliberal. Reformen nach seiner Facon bekämpft die SPD in Deutschland. Und schließlich hat Macron die französische SPD-Bruderpartei, die Sozialisten, quasi ausradiert. Wenn Schulz also jetzt verbal mit dem Erfolg kuschelt, dann ist das gleichzeitig eine bizarre Form des sozialistischen Internationalismus.
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