Er hat den Rumpelfußball verdaut
Unter Erich Ribbeck war die Nationalmannschaft schwach wie nie
Ende der 1990er stand es schlecht um den deutschen Fußball. Besonders ungern erinnert sich Ribbeck an den Confed Cup in Mexiko zurück.
K>LN – An diesem Dienstag versammelt Erich Ribbeck seine Liebsten um sich. Zu Hause im rheinischen Pulheim bei Köln feiert der ehemalige Teamchef der deutschen Fußball-Nationalmannschaft mit Ehefrau Ulla, seinen beiden Kindern sowie den sechs Enkelkindern seinen 80. Geburtstag. „Und da wird bestimmt nicht über Fußball geredet“, sagt der Rentner.
Gut gelaunt und braungebrannt blickt Ribbeck, der mehrere Monate im Jahr in seinem Haus auf Teneriffa verbringt, auf seine Jahre als Aktiver beim Wuppertaler SV und Viktoria Köln, vor allem aber als Coach bei diversen Clubs und beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) zurück. Seinen größten Erfolg feierte der gebürtige Wuppertaler mit Bayer Leverkusen. „Der UefaCup-Sieg 1988 ragt schon heraus“, sagt Ribbeck.
In diesen Tagen wird er allerdings mehr auf das dunkelste Kapitel seiner Trainerlaufbahn angesprochen. Vor dem anstehenden Confed Cup in Russland (17. Juni bis 2. Juli) kommt zwangsläufig das Thema Mexiko auf den Tisch, wo sich die deutsche Nationalmannschaft 1999 mit einer B-Auswahl bis auf die Knochen blamierte. Das DFBTeam verlor zum Auftakt 0:4 gegen Brasilien. Es folgten ein 2:0 gegen Neuseeland und ein 0:2 gegen die USA.
„Das war furchtbar, aber
ich hatte ja gar keine Wahl. Wenn wir nicht angetreten wären, wäre Deutschland niemals in den Topf mit den Bewerbern für die Austragung der WM 2006 gekommen“, berichtet Ribbeck, der aufgrund zahlreicher Absagen damals Spieler aufbieten musste, die den Ansprüchen nicht genügten. „Aus sportlicher Sicht war das ein Todeskommando.“
Einen Vergleich zur aktuellen Situation beim Weltmeister zieht er nur ungern. „Das ist heute eine andere Zeit. Joachim Löw hat eine viel größere
Auswahl an Spielern. Er kann ein solches Turnier nutzen, um einige Kandidaten für die WM 2018 zu testen. Das sind ganz andere Voraussetzungen.“
Für Ribbeck wurde es allerdingsauchnachMexikonicht besser. Bei der EM-Endrunde 2000 in den Niederlanden und Belgien wurde unter seiner Ägide der Begriff „Rumpelfußball“geprägt. Nach dem Vorrunden-Aus war dann für ihn nach nur zwei Jahren als Teamchef Schluss. Seine Bilanz von nur zehn Siegen in 24
Spielen bei acht Niederlagen ist die schwächste eines sportlich Verantwortlichen in der DFB-Geschichte. „Ich kann damit heute gut leben, denn ich weiß ja, wie die Ergebnisse zustande gekommen sind“, sagt Ribbeck.
Ribbeck, der wegen seines gepflegten Äußeren und seiner Umgangsformen die Beinamen „Sir“und „Gentleman“erhielt, steht dem aktuellen Fußball-Geschäft sehr kritisch gegenüber. „Es wundert mich, dass die Stadien immer noch voll sind. Denn die Fans zahlen mit ihren Eintrittsgeldern ja die Wahnsinnsgehälter, die kaum noch nachzuvollziehen sind, mit. Man muss aufpassen, dass man den Bogen nicht überspannt.“