Mit Klimmzügen Problemen begegnen
Sport gegen Gewalt ist das Rezept von „Hood Training“– Sechs- bis 17-Jährige trainieren
Das Projekt für junge Menschen in Brennpunktvierteln ist schon viele Jahre in Bremen aktiv. Jetzt erhält es auch bundesweit Aufmerksamkeit – sogar von ;anzlerin Merkel.
BREMEN – „Fünf Liegestütze“, ruft Trainer Sergej Rossel den um ihn versammelten Kindern und Jugendlichen zu. Die Jungen und Mädchen stöhnen ein wenig und begeben sich in Position auf dem grünen Sportboden im Freien. Rings um den Platz ragen Wohnblöcke in den Himmel. Dreimal die Woche kommen die Sechs- bis 17-Jährigen hier im Bremer Stadtteil Tenever zusammen, um beim „Hood Training“Fitness und Ausdauer zu trainieren. „Hood“kommt vom englischen Wort „neighbourhood“für Nachbarschaft.
„Bei uns ist es wichtig, die Basis zu stärken“, sagt Trainer Rossel. Dazu gehört für ihn eine Grundfitness, die er mit Klimmzügen, Liegestützen und anderen Übungen bei den Kindern stärken will. „110 Nationen wohnen hier. Beim Sport kommen alle super miteinander klar“, sagt er.
Der 27-Jährige ist fester Trainer im Sportprojekt. Eigentlich hat er Wirtschaftswissenschaften studiert und auch in diesem Bereich gearbeitet. Das sei aber nicht sein Ding gewesen, wie er sagt. Beim „Hood Training“ist das anders. „Jedes Mal, wenn ich hier bin, freue ich mich auf die Kinder“, sagt Rossel. Natürlich gibt es auch auffällige
Kinder und Problemfälle. Das liege aber nicht an den Kindern, sondern an der Erziehung, oder dass sie keine Eltern haben.
Seit 2010 bietet die Initiative das Training für junge Menschen aus Brennpunktvierteln an – und das erfolgreich. Am 7. Juni 2017 ist „Hood Training“Gründer Daniel Magel nach Berlin zum Kanzleramt gefahren. Im „startsocial“-Wettbewerb mit rund 400 Bewerbern hat es sein Projekt unter die sieben herausragendsten sozialen Initiativen
bundesweit geschafft, die von Bundeskanzlerin Angela Merkel geehrt wurden. „Wir sind richtig glücklich über den Preis“, sagt Magel. Als Zwölfjähriger kam er aus Kasachstan nach Deutschland, ohne die Sprache zu sprechen, und wurde als Jugendlicher strafrechtlich auffällig.
Jetzt ist der 34 Jahre alte studierte Sonderpädagoge ein Vorbild für andere Kinder aus ärmlichen oder benachteiligten Verhältnissen. In der JVA trainiert er auch jugendliche Straftäter. „Das ist ganz wichtig
für die Jugendlichen, dass sie nach der Haft wissen, wo sie hingehen können“, sagt Meike Rasch, Vorsitzender des Vereins Aktion Hilfe für Kinder, der „Hood Training“unterstützt.
Der 17-jährige Alexander hat von dem „guten Training“, wie er sagt, gehört und ist seit drei Monaten regelmäßig auf dem Platz. Auch der 14-jährige Elias wohnt in der Umgebung des Sportparks in Tenever und zeigt an den Stangen, wie er sich fit hält. „Ich mache das Training, damit ich gut
aussehe“, sagt er. In der Gruppe und mit einem Trainer macht das auch mehr Spaß.
Bisher gibt es neben Magel zwei feste Trainer und viele Ehrenamtliche, die aushelfen. Magel möchte gerne mehr machen, dafür sucht er vor allem Sponsoren. Für den Berliner Stadtteil Marzahn gibt es schon konkrete Pläne für einen ähnlichen Park wie in Bremen Tenever. „Ich bin voll in Aktion“, sagt Magel. Eine Bustour durch Deutschland ist nur eines der vielen geplanten Projekte.