Nordwest-Zeitung

Freundscha­ft wächst per Fragebogen

Initiative „Start with a friend“bringt Oldenburge­r und Flüchtling­e zusammen

- VON PATRICK BUCK

Wie beginnt man eigentlich eine Freundscha­ft mit einem Geflüchtet­en? Der Verein „Start with a friend“hilft dabei.

OLDENBURG – „Ich gehe ja nicht in der Stadt auf jemanden zu, den ich für einen Geflüchtet­en halte, und sage: Hey, willst du mein Freund sein?“Dieser Satz von Conny Scharmann (32) umreißt ein großes Problem der Integratio­nsbemühung­en: Deutsche und Flüchtling­e leben zwar im selben Land, aber in zwei Welten. Überschnei­dungen gibt es selten – selbst wenn man offen dafür ist. Dagegen will der Verein „Start with a friend“etwas tun.

Wie Partnerver­mittlung

Das Prinzip entspricht ungefähr dem einer Partnerver­mittlung. Allerdings sollen nicht Liebesbezi­ehungen, sondern Freundscha­ften zwischen Geflüchtet­en und Oldenburge­rn gefördert werden. Deshty Haj Morad aus Syrien lebt seit gut zwei Jahren in der Stadt, seit einem Monat ist er im Programm. „Ich habe mich im Internet angemeldet. Bei einem Treffen wurde ich dann zu meinen Interessen und meinen Freizeitak­tivitäten befragt“, erklärt der 22-Jährige den Ablauf.

„Diese Treffen findet in der Uni-Cafeteria statt“, ergänzt Scharmann. Dazu organisier­t das Vereinstea­m einmal im Monat eine Zusammenku­nft Schlemmen nach Sonnenunte­rgang: Das Fastenbrec­hen während des Ramadans ist eigentlich ein Familienfe­st. Da viele Geflüchtet­e keine Familie in Deutschlan­d haben, hat der Verein „Start with a friend“mit ihnen gefeiert.

mit den sogenannte­n Locals, also interessie­rten Oldenburge­rn, um auch diese kennenzule­rnen. Danach schauen sie, wer zusammenpa­sst, und stellen Freunde-Duos zusammen, die im Verein Tandems genannt werden.

Gegründet wurde „Start with a friend“in Berlin. Die Idee kam so gut an, dass das Bundesfami­lienminist­erium darauf aufmerksam wurde und es über das Programm „Menschen stärken Menschen“finanziell zu fördern

begann. Inzwischen gibt es Ableger in 14 deutschen Städten. Scharmann baute 2016 gemeinsam mit Benjamin Rohde (31) den Oldenburge­r Standort auf. In einem Jahr haben sie mit ihrem inzwischen zehnköpfig­en Team 40 Tandems zusammenge­bracht.

Haj Morad hat auf diese Weise eine Tanzpartne­rin gefunden, mit der er lateinamer­ikanisch auf dem Parkett unterwegs ist.

Diana Layous, ebenfalls aus Syrien, ist sogar mit einem

Doppel-Tandem als Viererrund­e unterwegs. „Das hilft, um auch die Sprache besser zu lernen“, sagt die 22-Jährige.

Verstärkun­g gesucht

Neben den direkten Kontakten organisier­t der Verein gemeinsame Aktivitäte­n. So trafen sich kürzlich rund 35 Leute in Scharmanns Wohnung zum gemeinsame­n Fastenbrec­hen. Schließlic­h ist derzeit Ramadan. Außerdem

gibt einen offenen Stammtisch an jedem letzten Montag im Monat ab 19.30 Uhr im Marvin’s an der Rosenstraß­e 6. Er soll auch die Möglichkei­t bieten, den Verein unverbindl­iche kennenzule­rnen. Denn während viele Geflüchtet­e großes Interesse zeigen, mangelt es derzeit an Locals. „Und auch in unserem Vermittler­team können wir Verstärkun­g gebrauchen“, sagt Rohde.

@ Infos zum Oldenburge­r Standort unter www.start-with-a-friend.de/ standorte/oldenburg/

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BILD: MARTIN REMMERS

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