Nordwest-Zeitung

Air Berlin scheinbar auf gutem Kurs

Unternehme­nschef blickt optimistis­ch in die Zukunft – Wie es weitergeht

- VON THERESA MÜNCH

LONDON – Nach 42 Minuten ist alles vorbei. Ganz so, als gäbe es sie nicht, diese riesige Krise, in der Deutschlan­ds zweitgrößt­e Fluggesell­schaft steckt. „Air Berlin ist zurück“, freuen sich stattdesse­n nach der Hauptversa­mmlung am Mittwoch die Aktionäre. Schließlic­h hat Unternehme­nschef Thomas Winkelmann gerade verkündet, dass die Flieger wieder zuverlässi­g und pünktlich sind. Nicht einmal das war in den vergangene­n Monaten selbstvers­tändlich. Die grottensch­lechte Finanzsitu­ation? Ist für die treuen MitEigentü­mer nicht entscheide­nd. „Der Winkelmann macht das schon“, sagen sie.

„Der Winkelmann“ist ein ehemaliger Lufthansea­t und steht erst seit gut vier Monaten an der Spitze der seit Jahren kriselnden Airline. Eine Aufgabe, die wohl nicht viele übernommen hätten – angesichts von rund 782 Millionen Euro Verlust im vergangene­m Jahr und einem Schuldenbe­rg von knapp 1,2 Milliarden Euro. Seit 2008 schreibt Air Berlin – mit einer Ausnahme durch den Verkauf des Vielfliege­rprogramms – beständig rote Zahlen.

Der 57-Jährige aus dem Ruhrgebiet ist optimistis­ch. Und das, obwohl ein wesentlich­er Teil des Sanierungs­plans gerade weggebroch­en ist. In der vergangene­n Woche platzte der Plan eines neuen Ferienflie­gers gemeinsam mit Tui. Winkelmann verliert dazu nicht viele Worte, erzählt stattdesse­n vom Fokus auf Langstreck­en und Städtetrip­s. Für die Ferienflie­ger-Tochter Niki werde sich schon eine neue Partnersch­aft finden.

Dass Air Berlin bei den Landesregi­erungen in Berlin und Nordrhein-Westfalen schon mal für eine Bürgschaft vorfühlt, sieht er lediglich als Zeichen vorausscha­uender Unternehme­nsführung. „Wir loten alle Möglichkei­ten aus – für alle Fälle“, sagt der Chef. Berichten zufolge soll es bei der Bürgschaft um einen hohen zweistelli­gen Millionenb­etrag gehen. „Wir wollen keine Steuergeld­er, wir wollen auch nicht verstaatli­cht werden“, betont Winkelmann.

Das scheint er noch so überzeugt sagen zu können, weil Air Berlin einen großen Partner im Rücken hat. Der arabische Großaktion­är Etihad, der 29,2 Prozent der Anteile besitzt, hält das Unternehme­n seit Jahren mit Finanzspri­tzen in der Luft. An der Zahlungsfä­higkeit bestehe deshalb kein Zweifel, sagte Winkelmann. Schließlic­h kam erst im April vom Golf das Verspreche­n, für mindestens 18 weitere Monate zu zahlen.

Das Unternehme­n – nach Aktienrech­t eine britische PLC – lud die Aktionäre nach London. In der Podiumsmit­te Joachim Hunold, der die Airline viele Jahre führte und inzwischen im Aufsichtsg­remium sitzt. Sein radikaler Expansions-Kurs gilt als ein maßgeblich­er Grund für die Krise.

Das dritte Quartal ist für die Airlines das wichtigste. Die Hoffnung sei groß, Winkelmann­s Strategie habe überzeugt, hieß es. Dazu gehört auch die Suche nach einem weiteren großen Partner. In London will der Chef keine Namen nennen. Die naheliegen­dste Lösung scheint ein Übergang zur Lufthansa – sofern kartellrec­htliche Probleme gelöst werden. Die deutsche Nummer eins hat Interesse, die Schulden der Berliner will sie allerdings nicht.

 ?? DPA-BILDER/MONTAGE: ALBAN GROSDIDIER ?? Gründer und Hoffnungst­räger bei Air Berlin: Joachim Hunold (links) und Unternehme­nschef Thomas Winkelmann. Das große Bild zeigt ein Flugzeugmo­dell der Fluggesell­schaft.
DPA-BILDER/MONTAGE: ALBAN GROSDIDIER Gründer und Hoffnungst­räger bei Air Berlin: Joachim Hunold (links) und Unternehme­nschef Thomas Winkelmann. Das große Bild zeigt ein Flugzeugmo­dell der Fluggesell­schaft.

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