EU-Staatsakt für Helmut Kohl – die Zeit drängt
Jede Menge Vorbereitungen notwendig – Totenmesse im Dom zu Speyer geplant
BERLIN – Es wäre eine historische Premiere, ein europäischer Staatsakt im Gedenken an einen verstorbenen Regierungschef. Helmut Kohl selbst soll es so gewollt haben. Es sei sein ausdrücklicher Wunsch gewesen. Abschied vom Altkanzler und Ehrenbürger Europas im Straßburger Münster und nicht im Berliner Dom – eine besondere Auszeichnung und Ehre posthum für sein Lebenswerk und seinen Beitrag für ein geeintes Europa. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, ein langjähriger Wegbegleiter Kohls, hatte dies bereits vorgeschlagen. Am Freitag war Kohl in seinem Haus im Ludwigshafener Stadtteil Oggersheim gestorben.
Kohls früherer Berater im Kanzleramt, Horst Teltschik, nannte den europäischen Staatsakt „außerordentlich bedeutungsvoll“. Es sei ein Signal der europäischen Würdigung, das vielleicht auch der gesamten Europäischen Union einen neuen Impuls geben könne.
Zwar stehen der genaue Termin und das Programm für den EU-Staatsakt noch nicht fest. Am genauen Ablauf für die Trauerfeierlichkeiten wird noch gearbeitet. Doch soll das Gedenken binnen zwei Wochen stattfinden, offenbar zeichnet sich der 1. Juli ab. Die Zeit drängt, schließlich werden hochrangige Staatsgäste aus aller Welt erwartet, gilt es jede Menge Vorbereitungen nicht nur für das diplomatische Protokoll zu treffen. Nach dem offiziellen Abschied in Straßburg, am Sitz des Europäischen Parlaments, soll es eine Totenmesse im Dom zu Speyer geben.
In Erinnerung an Konrad Adenauer könnte der Leichnam Kohls per Schiff von Straßburg nach Speyer gebracht werden. Von einer kleinen Begleitflotte eskortiert war der Sarg des Gründungskanzlers der Bundesrepublik vor 50 Jahren über den Rhein von Köln nach Rhöndorf gebracht worden. Am Ufer nahmen damals Zehntausende Menschen Abschied von ihrem Kanzler. Kohls Beisetzung soll im engsten Familienkreis in Speyer stattfinden. Sein Leichnam ist in seinem Privathaus in Oggersheim aufgebahrt.
Unterdessen droht eine Fortsetzung des Streits um Kohls geistigen Nachlass. Neben den 200 Tonbändern geht es auch um 400 Aktenordner, das Handarchiv des Altkanzlers. Über das für Historiker unschätzbar wertvolle Material tobte zuletzt eine Auseinandersetzung zwischen der CDU und Maike Kohl-Richter, der Gattin des früheren Regierungsund Parteichefs. Bereits 2010 hat Kohl sein Handarchiv, das er 1998 nach Ende seiner Amtszeit der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung zur Verfügung gestellt hatte, in sein Privathaus nach Oggersheim bringen lassen. Die Begründung: Der Altkanzler benötige die Akten, um den noch ausstehenden vierten Band seiner Memoiren zu verfassen.