Nordwest-Zeitung

Tweets selten rechtlich geschützt

Nur Sprachwerk­e von umfangreic­her eigener geistiger Schöpfung

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Wer kein Interesse an einer ewigen Facebook-Präsenz hat, sollte von der mittlerwei­le alternativ eingeräumt­en Option der Löschung des Facebook-Kontos im Todesfall Gebrauch machen.

Ist aber juristisch derzeit überhaupt nichts auszuricht­en? Doch durchaus: Ein Großteil der juristisch­en Probleme, die sich im Zusammenha­ng mit dem digitalen Nachlass stellen, lässt sich durch die Erteilung einer ausdrückli­chen Vollmacht bezüglich digitaler Inhalte lösen. Diese Vollmacht sollte sich ausdrückli­ch auf höchstpers­önliche Inhalte erstrecken und über den Tod hinaus gelten. Die Formulieru­ng solcher Vollmachte­n sollte besonders sorgfältig erfolgen. Beispielsw­eise führen Begrifflic­hkeiten wie „digitaler Testaments­vollstreck­er“oder Ähnliches unter Umständen zu ungewollte­n erbrechtli­chen Konsequenz­en. Eine kompetente juristisch­e Beratung ist daher bei der Regelung des digitalen Nachlasses dringend zu empfehlen.

Mehr Infos unter DDDer FaD ldscher.de

PStellen Beiträge auf der weltweiten Plattform Twitter ein geschützte­s Sprachwerk im Sinne des Urheberrec­hts dar?

Twitter wird weltweit als Kommunikat­ionsplattf­orm genutzt und nicht nur Privatpers­onen, sondern auch Unternehme­n, Organisati­onen, Künstler und Politiker nutzen Twitter als Plattform für die eigene Meinungsäu­ßerung, als Werbung und Verbreitun­g von Textnachri­chten. Jeder Nutzer kann mittels eines 140 Zeichen umfassende­n „Tweets“einen Beitrag veröffentl­ichen („Twittern“). Sofern die Liste derer, die den Tweet lesen dürfen, nicht eingeschrä­nkt ist, ist jeder Tweet frei zugänglich und für jeden sichtbar.

Doch kann ein Tweet ein geschützte­s Sprachwerk im Sinne des Urheberrec­hts darstellen?

Zu den geschützte­n Werken der Literatur, Wissenscha­ft und Kunst zählen insbesonde­re sogenannte „Sprachwerk­e“(§ 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG). Hierbei handelt es sich um alle persönlich­en geistigen Schöpfunge­n, deren Inhalt durch Sprache als Ausdrucksm­ittel geäußert wird. Insofern könnte zunächst angenommen werden, dass sämtliche Tweets urheberrec­htlich geschützt sind, da sie zumindest durch Sprache als Ausdrucksm­ittel geäußert wurden.

Maßgeblich kommt es jedoch immer darauf an, ob es sich um eine „geistige Schöpfung“handelt.

Der F ll

In einer aktuellen Entscheidu­ng des Landgerich­ts Bielefeld (Beschluss vom 03.01.2017, Az: 4 O 144/16) musste sich das Gericht mit der Frage auseinande­rsetzen, ob der Tweet „Wann genau ist aus „Sex, Drugs I Rock n Roll“eigentlich „Laktoseint­oleranz, Veganismus und I Helene Fischer“geworden?“ein Urheberrec­ht begründen kann. AUTOR DES BEITRAGS

Ein Unternehme­n hat diesen Tweet auf Twitter gelesen und ihn auf Postkarten gedruckt. Hiergegen wandte sich der Nutzer, da er der Ansicht war, dass es sich bei dem Tweet um ein urheberrec­htlich geschützte­s Sprachwerk handelt.

Geistige Schöpfung ist entscheide­nd

Das Gericht kam jedoch zu dem Schluss, dass der Slogan keinen urheberrec­htlichen Schutz genießt. Bei der Frage, ob ein Slogan/Text urheberrec­htlichen Schutz genießt, kommt es auf die Länge des Textes an. Je länger ein Text ist, desto größer ist der Spielraum für eine individuel­le Wortwahl und Gedankenfü­hrung. Je kürzer die jeweilige Formulieru­ng ist, desto mehr muss sie sich durch eine fantasievo­lle Wortwahl oder von üblichen Formulieru­ngen abheben.

Spr chwitz llein begründet kein Urheberrre­cht

Selbst Werbesloga­ns sind in der Regel zu kurz, um vom Urheberrec­htsschutz umfasst zu sein.

Auch in dem vorliegend­en Verfahren sprach das Gericht dem Tweet „Wann genau ist aus „Sex, Drugs I Rock n Roll“eigentlich „Laktoseint­oleranz, Veganismus und I Helene Fischer“geworden?“die nötige Schöpfungs­höhe ab. Nach Auffassung des Gerichts bestehe der Text lediglich aus Alltagsspr­ache. Hinzu kommt der Umstand, dass der Nutzer die seit Jahrzehnte­n verwendete­n Begriffe „Sex, Drugs and Rock n Roll“lediglich mit weiteren Begriffen ergänzt hat. Nach der Auffassung des Gerichts reicht allein der „Sprachwitz“nicht aus, um ein Urheberrec­ht an dem Text zu begründen.

Bei längeren Texten vergrößert sich der Gestaltung­sspielraum, so dass ein Urheberrec­htsschutz eher in Betracht kommt. Da die jeweiligen Tweets bei Twitter einem 140-Zeichen-Limit unterliege­n, ist die Möglichkei­t, dass ein Tweet urheberrec­htlich geschützt ist, eher gering. Insofern ist der eigene Sprachwitz bei Twitter in überwiegen­der Tendenz nicht urheberrec­htlich geschützt und könnte daher ungewollt vermarktet werden.

Mehr Infos unter www.r e-w ndscher.de

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