Nordwest-Zeitung

Viele Fragen an Staatskanz­lei

CDU und FDP fordern Aufklärung zu Slogan „Niedersach­sen. Klar“

- VON GUNARS REICHENBAC­HS, BÜRO HANNOVER

Der Landtagsau­sschuss nimmt seine Ar<eit auf. Doch noch fehlen <eantragte Akten.

HANNOVER = Nichts ist klar bei „Niedersach­sen. Klar“. Immer mehr Fragen und Rätsel tauchen rund um den WerbeSpruc­h auf, je tiefer die Opposition in die Akten der Staatskanz­lei eintaucht, die seit 2013 angelegt wurden. Damals reifte bei der rot-grünen Landesregi­erung der Gedanke, einen modernen Auftritt Niedersach­sens zu kreieren, der möglichst heranreich­en sollte an den legendäre Slogan von Baden-Württember­g: „Wir können alles – außer Hochdeutsc­h“. Ein Treffer.

Die Staatskanz­lei zog den Auftrag 2013 nach der rot-grünen Regierungs­übernahme an sich, weil auch Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) sich ein zeitgemäße­s Outfit Niedersach­sens wünschte. Die ersten Vorarbeite­n mittels Workshop erbrachten ein paar Ideen. Mit im Boot: Regierungs­sprecherin Anke Pörksen (SPD), die beiden Stellvertr­eter Michael Jürdens und Olaf Reichert, sowie die mittlerwei­le entlassene Wirtschaft­s-Staatssekr­etärin Daniela Behrens (SPD) und ein paar Hausexpert­en. Auch schon dabei: der SPD-nahe Werbeexper­te Michael Kronacher. Wer seine Dienste bezahlte? Indirekt wohl das Wirtschaft­sministeri­um auf Anregung von Behrens, aber genau weiß man’s nicht. Die

Akten fehlen.

Nächte Station: Erst 2015 sollte eine reguläre Ausschreib­ung erfolgen. Wie genau? Unklar, laut den Akten, die bisher CDU und FDP eingesehen haben. Außer Kronacher wurden wohl auch zwei Berliner Agenturen aufgeforde­rt, eine Bewerbung für den Auftrag abzugeben. Eine Agentur antwortete nicht, der anderen war die Zwei-Wochen-Frist zu kurz. Also wurde es Kronacher, der schon zu Regierungs­zeiten von Gerhard Schröder (SPD) in Niedersach­sen mit vielen Aufträgen bedacht wurde. Später sollen

es aus dem Kanzleramt sogar 54 Millionen Euro gewesen sein.

Danach ließ Kronacher den Slogan suchen – durch andere Werbe-Agenturen. Er selbst vermittelt­e nur und bekam dafür laut Staatskanz­lei 45 000 Euro. Die tatsächlic­hen Kosten inklusive Folgekoste­n für Autobahnsc­hilder, Briefkopfe­ntwürfe und Internetau­ftritte liegen weit darüber. Ministerpr­äsident Weil zeigte sich jedenfalls begeistert: „Das hat mich spontan angesproch­en“, sagte Weil am 13. September 2016 bei der Präsentati­on. Kronacher lobte die Aussage:

„Kurz, prägnant, trocken, passt in die Stimmung.“

Diese Stimmung könnten CDU und FDP im Ausschuss zur Vergabe-Affären der Landesregi­erung vermiesen, der jetzt seine Arbeit aufnimmt. Der Verdacht der Opposition: Gezielt wurde eine SPD-nahe Agentur ausgesucht und mehr Geld ausgegeben, als bekannt. Dazu gebe es für viele Zahlungen rund um den Slogan gar keinen Beleg. Auch fehle jede Leistungsa­brechnung der Agentur. „Genossen-Filz“, wie CDU-Obmann Uwe Schünemann vermutet? Der Ausschuss hat viel Arbeit vor sich.

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DPA-BILD: HOLLEMANN Aktenstudi­um: Der CDU-Abgeordnet­e Uwe Schünemann (links) und FDP-Fraktionsv­ize Jörg Bode blicken in Unterlagen zum Untersuchu­ngsausschu­ss.

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