Wie lange wir auf selbstfahrende Autos warten müssen
Viele Probleme sind noch ungelöst – Sorgen bereiten vor allem mögliche Unfälle
BERLIN – Noch ist es Zukunftsmusik, aber schon in wenigen Jahren könnte automatisiertes Fahren auf Deutschlands Straßen Wirklichkeit werden. Der Gesetzgeber hat bereits erste Vorgaben gemacht. Doch viele Probleme sind noch ungelöst. Eine Ethik-Kommission legt nun die weltweit ersten Leitlinien für selbstfahrende Autos vor.
Darunter versteht man das Fahren mit Hilfe von Computer-Technik. Dazu zählen unter anderem Stau-, Einparkund Notbrems-Assistenzsysteme. Dabei wird das Fahren aber weiter vom Menschen überwacht. Anders ist es mit dem sogenannten hochautomatisierten Fahren, bei dem Autofahrer auch anderen Dingen nachgehen können, etwa Zeitung lesen. Der Fahrer müsste nur noch im äußersten Notfall eingreifen.
Wie weit ist es noch bis zu einem Durchbruch
Experten zufolge ist im Laufe des kommenden Jahrzehnts damit zu rechnen, dass hochund vollautomatisiertes Fahren zum Standard wird. Das autonome Fahren, in dem der Fahrer nur noch Passagier ist, dürfte noch länger auf sich warten lassen – bis 2030. Inzwischen gibt es bereits zwei von der Bundesregierung geförderte Teststrecken für automatisiertes Fahren. An der A9 in Bayern stehen bereits sogenannte Landmarkenschilder, mit deren Hilfe selbstfahrende Autos ihren Standort exakt bestimmen können. Gibt es nicht bereits eine gesetzliche Regelung
Ja, der Bund hat im Frühjahr ein Gesetz mit ersten Regelungen beschlossen. Der Kern: Der Fahrer muss das Auto auf Autobahnen nicht mehr dauerhaft steuern. Er muss sich aber weiterhin bereithalten, das Steuer zu übernehmen, sollte ihn das System dazu auffordern. Für Unfälle, während der Computer steuert, haftet dem Gesetz nach der Hersteller. Für Streitfälle gibt es eine Blackbox, die für sechs Monate speichern muss, wann wer am Steuer war.
Was hat die Ethik-Kommission empfohlen
Das Gremium um den früheren Verfassungsrichter Udo Di Fabio empfiehlt grundsätzlich, automatisierte Fahrsysteme zu erlauben. Allerdings seien im Hinblick auf Sicherheit, menschliche Würde, persönliche Entscheidungsfreiheit und Datenautonomie besondere Anforderungen zu stellen. Automatisiertes und vernetztes Fahren sei sogar „ethisch geboten“. Bei einer positiven Risikobilanz stünden „technisch vermeidbare Risiken“dem nicht entgegen.
Was empfehlen die Experten für mögliche Unfälle
Sachschäden müssten immer vor Personenschäden gehen. Für mögliche unabwendbare Unfallsituationen sollte ausgeschlossen sein, dass Menschen mit bestimmten Merkmalen (Geschlecht, Alter, körperliche oder geistige Konstitution etc.) eher zum Opfer werden als andere. „Die alte Frau mit dem Rollator oder die Kindergruppe – wen muss man jetzt bevorzugt niederfahren? Ein solches Szenario ist ausgeschlossen“, sagt Di Fabio.
Welche Vorgaben macht die Kommission sonst
In jeder Fahrsituation müsse klar geregelt und erkennbar sein, wer gerade fürs Fahren zuständig ist – Mensch oder Maschine. Das müsse dokumentiert und gespeichert werden – auch zur Klärung möglicher Haftungsfragen. Denn: „Das Einziehen des Lenkrads ist das Signal: Jetzt übernimmt der Produzent und Betreiber die volle Haftung“, schreibt die Kommission. Der Fahrer solle zudem weiter die Souveränität über seine Daten behalten und müsse deren Weitergabe und Verwendung erst zustimmen. Eine vollständige Vernetzung und zentrale Steuerung aller Autos halten die Experten für ethisch bedenklich.