EU steht stabil und geschlossen zusammen
EVP-Fraktionschef Manfred Weber lobt die EU und kritisiert die Briten
FRAGE: Vor einem Jahr haben sich die Briten für den Ausstieg aus der EU entschieden. Sind Sie zufrieden mit dem, was seither passiert ist* WEBER: Zufrieden kann man nur mit der europäischen Seite sein. Die EU steht stabil und geschlossen zusammen. Nach dem Brexit-Schock haben alle EU-Staaten begriffen, wie wichtig es ist, die Reihen zu schließen und eine neue Gemeinsamkeit zu suchen. Dagegen sehe ich auf der britischen Seite noch immer kein Konzept. Dort herrscht Chaos. Bis heute ist nicht klar, ob die Premierministerin einen harten oder weichen Brexit will. Dabei kann ich nur hoffen, dass sie sich für ein vernünftiges weiteres Zusammenarbeiten mit der EU entschließt. FRAGE: Ein Streitpunkt ist die Schlussrechnung des Brexit. Da steht eine Summe von 60 bis 100 Milliarden Euro im Raum, die London an die EU zahlen soll. Ist das realistisch* WEBER: Es ist ganz klar: Wer die EU verlässt, muss für seine
Zusagen und eingegangenen Verpflichtungen geradestehen. Ein Land, das geht, hat die Rechnung zu bezahlen – und nicht die Steuerzahler aus den anderen Ländern. Und das werden wir auch durchsetzen. FRAGE: Die EU steht tatsächlich stabil da, es gibt sogar Forderungen des französischen Staatspräsidenten, Europa weiter zu entwickeln. 7as halten Sie von einem Euro-Finanzminister, einem eigenen Budget für die Euro-8one* WEBER: Die Europäische
Union ist stabil, muss aber wirtschaftlich weiter zulegen. Durch die Finanzkrise gab es Rückschläge, vor allem für Staaten im Süden der Gemeinschaft. Deshalb brauchen wir zum einen mehr Geschlossenheit in der Wirtschaftspolitik und gleichzeitig eine Stärkung der Euro-Zone. FRAGE: Ist das ein Ja zu einem gemeinsamen Finanzminister und Budget* WEBER: Wenn ein Euro-Finanzminister hilft, die Position des Euro in der Welt zu vertreten und zu stärken, sollten wir über die geeignete Form dafür reden. Und wenn ein eigenes Budget für die Währungsunion ein Instrument ist, um Schocks entgegenzutreten, effizienter Wachstum zu schaffen und Innovationen zu fördern, dann können wir auch darüber reden, wenn die Rahmenbedingungen passen. FRAGE: Die Mitgliedstaaten finden nach wie vor keine Linie in der Flüchtlingspolitik. Ist das nicht ein Armutszeugnis für die EU* WEBER: Wir brauchen nicht länger nur Beschlüsse und Statements, sondern Taten. Es reicht nicht, immer und immer wieder zu wiederholen, was man will – die EU-Staaten müssen es auch tun. Italien hat recht, wenn es sagt: Ihr lasst uns im Stich. Es gibt derzeit kein anderes Land, das so sehr unter der großen Zahl von Migranten leidet. Ich kann nur hoffen, dass sich die Staats- und Regierungschefs endlich zu einer Regelung entschließen, die solidarisch ist und dazu führt, dass die Belastungen von allen übernommen werden.