Nordwest-Zeitung

Der Teflon-Präsident

Permanente Angriffe schweißen Trumps treue Fußtruppen zusammen

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Ein Dutzend Fans hatte mehr als 24 Stunden vor der Halle in der Stadt Cedar Rapids campiert, um einen guten Platz für den Auftritt von US-Präsident Donald Trump im Bundesstaa­t Iowa zu bekommen. Das war nicht etwa eine Wahlkampfs­zene, sondern „real time“am Mittwochab­end – fünf Monate in einer Präsidents­chaft, die einem anhaltende­n Trommelfeu­er an Kritik ausgesetzt ist.

Trump nicht mental fit für das Amt. Trump isoliert und verlassen von allen guten Geistern in einem chaotisch geführten Weißen Haus. Trump mit Putin im (politische­n) Bett. Trump eine Katastroph­e für das Land und den Rest der Welt ohnehin. Das ist nur eine kleine Auswahl der Aussagen zu dem politische­n Newcomer.

Und dann die Szenen von Iowa. Unerschütt­erliche jubelnde Anhänger. Und ein Präsident, der Sätze sagt wie diese: Wir haben bereits wunderbare Fortschrit­te gemacht. Oder der den Sieg bei einer Nachwahl im Bundesstaa­t Georgia feiert, die von den eine Niederlage witternden US-Medien auch als Referendum über Trump hochstilis­iert worden war. Es war bereits der vierte Erfolg der Konservati­ven bei einer Nachwahl, was wiederum führende Demokraten zur Verzweiflu­ng bringt.

Auch wenn Trumps Zustimmung­swerte Umfragen zufolge angeblich bei 36 Prozent im Keller herumdümpe­ln – die Opposition kann davon partout nicht politisch profitiere­n. So begeben sich manche Demokraten wie Hillary Clinton schon in eine Art „Widerstand­sbewegung“, was nur dazu beiträgt, dass das ohnehin polarisier­te Land noch gespaltene­r wird. Und sich zumindest ein Teil von Amerikas Konservati­ven und vor allem Hardcore-Trumpisten noch enger um den Attackiert­en schart.

Dass Trump im legislativ­en Bereich wenig zustande gebracht hat und dass der den Wählern versproche­ne Ersatz der bei vielen so verhassten Gesundheit­sreform „Obamacare“nun in einem erneuten Anlauf als geheime Kommandosa­che über die Bühne gehen soll – das alles scheint nur eine Nebensache zu sein angesichts der so aufgeheizt­en Emotionen. Und was viele zu übersehen scheinen: Je mehr gegen Trump polemisier­t wird, umso unwahrsche­inlicher wird ein vorzeitige­r Abschied von ihm. So wie einst Hillary Clinton eine „Verschwöru­ng des rechten Flügels“gegen ihren Bill während der Lewinsky- und Meineid-Affäre sah, so wittern Trumps treue Fußtruppen nun ein ähnliches konspirati­ves Bündnis von Linken, Medien, Geheimdien­sten und Obama-treuen Beamten gegen ihr Idol. Und das vereint.

Hinzu kommt, dass trotz täglich neuer Untersuchu­ngsanhörun­gen, trotz eines Sonderermi­ttlers und fleißig den führenden Tageszeitu­ngen Interna zusteckend­er „Leaker“im Regierungs­apparat schlagkräf­tige Beweise für die Kernthese der Trump-Gegner fehlen: Dass Trumps Team mit dem Kreml aktiv zusammenge­arbeitet und Verabredun­gen getroffen hat, um die Präsidents­chaftswahl zu seinem Vorteil und zu Clintons Nachteil zu manipulier­en.

Vieles ist in der Schwebe, und Trump ist weiter im Amt. Und dort dürfte der TeflonPräs­ident auch bleiben. Denn kein Republikan­er im Repräsenta­ntenhaus hat bisher nach einem Amtsentheb­ungsverfah­ren gerufen.

„Kurzgeschn­ackt“von Ð-Chefredakt­eur Lars Reckermann mit Washington-Korrespond­ent Martin Bialecki unter http://bit.ly/2rZAnBo

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