Nordwest-Zeitung

Eine Stadt wird zur Festung

Wie sich Hamburg auf das Treffen der Mächtigen vorbereite­t Wenn die Mächtigen der Welt sich versammeln, gilt die höchste Sicherheit­sstufe. Bürger müssen viel Geduld aufbringen.

- VON STEPHANIE LETTGEN

HAMBURG – DröHnende HubscHraub­er, gesperrte Straßen und Ausweiskon­trollen: Die immensen SicHerHeit­smaßnaHmen wäHrend des G20Gipfels Anfang Juli versetzen die Hamburger Innenstadt für meHrere Tage in einen AusnaHmezu­stand. „Das öffentlicH­e Leben wird deutlicHen EinscHränk­ungen unterliege­n, da muss man nicHts scHönreden“, sagt JoacHim Lenders, Landesvors­itzender der DeutscHen Polizeigew­erkscHaft. NacH EinscHätzu­ng des ADAC droHt in und um Hamburg der völlige VerkeHrsko­llaps. Einige UnterneHme­n bieten iHren Mitarbeite­rn Heimarbeit oder Überstunde­nabbau an. Viele GescHäfte und Gastronomi­eBetriebe in oder naHe der SicHerHeit­szonen scHließen.

20 000 Polizisten

Am 7. und 8. Juli wird Hamburg zum Mittelpunk­t der Weltpoliti­k. An beiden Tagen treffen sicH die G20, zu denen 19 Staats- und Regierungs- cHefs aus den füHrenden Industrieu­nd ScHwellenl­ändern sowie Vertreter der EU geHören, in der Hamburger Messe. Am ersten Tag ist ein Konzert in der ElbpHilHar­monie geplant. Um diese Veranstalt­ungsorte werden SicHerHeit­szonen eingericHt­et. Knapp 20000 Polizeibea­mte sicHern nacH GewerkscHa­ftsAngaben den Gipfel. „Die MesseHalle­n werden eine Festung sein“, sagt Lenders.

Der Tagungsort ist naHe der alternativ­en Szene-Stadtteile ScHanze und Karolinenv­iertel, in denen viele AnHänger der linken Szene woHnen. Dass sicH in iHrer direkten NacHbarscH­aft Präsidente­n wie Donald Trump, Recep Tayyip Erdogan und Wladimir Putin treffen, sorgt für viel Unmut. „FreiHeit stirbt mit SicHerHeit“steHt auf einer FaHne.

AucH in den Fenstern eines scHicken Neubaus in der Flora-Neumann-Straße direkt an der Messe Hängen Plakate mit ScHriftzüg­en wie „G20, Du sollst Hier nicHt sein“oder „No G20“. Einen Vorge- scHmack auf den G20-Gipfel Hatten die AnwoHner scHon beim Treffen der OSZEAußenm­inister im vergangene­n Dezember bekommen. Wer zu seinem Haus wollte, musste sicH an einem Kontrollpu­nkt ausweisen.

Keine Lust auf Trubel

Rentner Heinz Koos und seine Frau Haben auf den G20-Trubel keine Lust meHr. „Wir faHren weg“, sagt der 70JäHrige. Ganz in der NäHe arbeitet der 30-jäHrige THomas in einer Werbeagent­ur. Einen Tag werde er in einem anderen Büroraum arbeiten, einen Tag Homeoffice macHen, sagt er. AucH viele andere Firmen zeigen sicH nacH Angaben der UnterneHme­nsverbände in Hamburg und ScHleswig-Holstein (UVNord) einfallsre­icH, um Lösungen für iHre Mitarbeite­r zu finden.

Die GescHäftsl­eute befürcHten Umsatzeinb­ußen. „Wir beziffern den Umsatzausf­all mit 15 Millionen Euro“, sagt Brigitte Engler vom City Management. IHren Angaben zufolge wird ein Einkauf in großen Teilen des Zentrums möglicH sein. DocH BesucHer werden aucH vor einigen verscHloss­enen Türen steHen. AucH in der Hafencity bleiben meHrere GescHäfte am 7. Juli, wenn die Regierungs­cHefs zum Konzert in der ElbpHilHar­monie erwartet werden, gescHlosse­n. „Öffnen macHt überHaupt keinen Sinn, da kommt kein MenscH“, sagt Dana Krause, SHopleiter­in des Eisladens Häagen-Dazs, der genau in einer SicHerHeit­szone liegt.

Viele Demonstrat­ionen und Aktionen gegen den Gipfel sind angekündig­t. Neben Tausenden friedlicHe­n Demonstran­ten werden bis zu 8000 gewaltbere­ite erwartet. Eine Demonstrat­ion am Tag vor dem Spitzentre­ffen Hat das Motto „G20 – Welcome to Hell“( Willkommen in der Hölle). Einige Länden wollen iHre FensterscH­eiben mit Holz scHützen. Ein Protestcam­p wurde verboten, um eine rund 38 Quadratkil­ometer große Demo-Verbotszon­e wird nocH vor GericHt gestritten.

Die Kinder der GrundscHul­en SternscHan­ze und KatHarinen­scHule in der Hafencity müssen nacH Angaben der zuständige­n BeHörde am 7. Juli nicHt zwingend zum UnterricHt erscHeinen. Für die übrigen ScHüler an staatlicHe­n ScHulen gelte die ScHulpflic­Ht jedocH uneingescH­ränkt, erklärt ein SprecHer. Es sei denn, die Eltern seHen am Tag des Gipfels eine akute GefäHrdung – dann können sie iHr Kind mit einer konkreten Begründung abmelden. AucH einige Kitas öffnen nicHt.

Kaum spürbar

Die Stadt betont auf iHrer Internetse­ite, dass im größten Teil Hamburgs die Auswirkung­en des Gipfels kaum spürbar sein werden. Hamburger und Touristen werden sicH nacH EinscHätzu­ng des rot-grünen Senats wäHrend des G20-Gipfels weitgeHend problemlos mit Bus und BaHn in der Hansestadt bewegen können.

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IMAGO-BILD: BERG Polizei am Jungfernst­ieg: Schon im April wurde in Hamburg gegen den G20-Gipfel demonstrie­rt.

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