Der Kampf um Deutschlands Mittelpunkt
Niedersächsisches Krebeck bekommt Konkurrenz aus Hessen
KREBECK/EDERMÜNDE – Der Ort Krebeck im südniedersächsischen Eichsfeld beansprucht, der Mittelpunkt Deutschlands zu sein, auch wenn der stellvertretende Bürgermeister Stephan Hörschelmann (Grüne) einräumt: „Es gibt bei diesem Thema nicht nur eine Wahrheit. Aber wir sind der einzige geodätisch (vermessungskundlich) korrekt errechnete Mittelpunkt Deutschlands, wenn man auch alle Inseln berücksichtigt.“
Widerspruch kommt unter anderem
aus Hessen: Sein Ortsteil Besse ist die Mitte – da ist sich Bürgermeister Thomas Petrich (SPD) sicher. Der Rathauschef der kleinen nordhessischen Gemeinde Edermünde bei Kassel hat einen Beweis: Eine Steinsäule, mit EU-Geld gefördert, markiert eine Wiese am Ortsrand als Mittelpunkt Deutschlands.
Auch in Thüringen sind es mindestens vier Orte, die den Titel beansprucht haben. Alle haben Argumente. Das Problem: Wo liegt die Mitte eines Gebildes wie der Bundesrepublik Deutschland? Mathematiker, Universitäten und Hobby-Geografen haben verschiedene Antworten: Mal ist die Mitte der Schnittpunkt der Linien zwischen den äußersten Punkten, mal der geometrische Schwerpunkt. Bezieht man Hoheitsgewässer ein, variiert das Ergebnis. Auch mit 3DModellen wurde schon gerechnet. Es gebe keinen amtlichen Mittelpunkt, sagt Katharina
Spanger vom Bundesamt für Kartographie und Geodäsie in Frankfurt.
Als Fachmann in Sachen Mittelpunkt könnte Torsten Städtler gelten: Er ist Betreiber einer Internetseite zu dem Thema und sagt: „Wenn man auf die Karte schaut, ist der Mittelpunkt im Eichsfeld.“Auf einen Ort will Städtler sich nicht festlegen.
Im niedersächsischen Krebeck ist man zwar stolz darauf, Mittelpunkt Deutschlands zu sein. „Gebracht hat es dem Ort touristisch gesehen nicht wirklich etwas, sagt Bürgermeister Frank Dittrich (parteilos). Das sei aber nie erklärtes Ziel der Gemeinde gewesen. Zu sehen gibt es in dem rund 1100-EinwohnerOrt einen großen Stein mit Tafel. „Dort halten ab und zu Radfahrer“, sagt Dittrichs Stellvertreter Hörschelmann.
Auf die neue Konkurrenz aus Hessen blickt man in Krebeck im übrigen ganz gelassen. „Wir nehmen das mit dem Mittelpunkt gar nicht so ernst“, sagt Hörschelmann. Wohl auch, weil sich Besucher eher für die Eichsfelder Spezialitäten einer kleinen Fleischerei interessieren als für den Stein, der den Mittelpunkt Deutschlands markieren soll.