Nordwest-Zeitung

Der Kampf um Deutschlan­ds Mittelpunk­t

Niedersäch­sisches Krebeck bekommt Konkurrenz aus Hessen

- VON MATTHIAS BRUNNERT UND GÖRAN GEHLEN

KREBECK/EDERMÜNDE – Der Ort Krebeck im südnieders­ächsischen Eichsfeld beanspruch­t, der Mittelpunk­t Deutschlan­ds zu sein, auch wenn der stellvertr­etende Bürgermeis­ter Stephan Hörschelma­nn (Grüne) einräumt: „Es gibt bei diesem Thema nicht nur eine Wahrheit. Aber wir sind der einzige geodätisch (vermessung­skundlich) korrekt errechnete Mittelpunk­t Deutschlan­ds, wenn man auch alle Inseln berücksich­tigt.“

Widerspruc­h kommt unter anderem

aus Hessen: Sein Ortsteil Besse ist die Mitte – da ist sich Bürgermeis­ter Thomas Petrich (SPD) sicher. Der Rathausche­f der kleinen nordhessis­chen Gemeinde Edermünde bei Kassel hat einen Beweis: Eine Steinsäule, mit EU-Geld gefördert, markiert eine Wiese am Ortsrand als Mittelpunk­t Deutschlan­ds.

Auch in Thüringen sind es mindestens vier Orte, die den Titel beanspruch­t haben. Alle haben Argumente. Das Problem: Wo liegt die Mitte eines Gebildes wie der Bundesrepu­blik Deutschlan­d? Mathematik­er, Universitä­ten und Hobby-Geografen haben verschiede­ne Antworten: Mal ist die Mitte der Schnittpun­kt der Linien zwischen den äußersten Punkten, mal der geometrisc­he Schwerpunk­t. Bezieht man Hoheitsgew­ässer ein, variiert das Ergebnis. Auch mit 3DModellen wurde schon gerechnet. Es gebe keinen amtlichen Mittelpunk­t, sagt Katharina

Spanger vom Bundesamt für Kartograph­ie und Geodäsie in Frankfurt.

Als Fachmann in Sachen Mittelpunk­t könnte Torsten Städtler gelten: Er ist Betreiber einer Internetse­ite zu dem Thema und sagt: „Wenn man auf die Karte schaut, ist der Mittelpunk­t im Eichsfeld.“Auf einen Ort will Städtler sich nicht festlegen.

Im niedersäch­sischen Krebeck ist man zwar stolz darauf, Mittelpunk­t Deutschlan­ds zu sein. „Gebracht hat es dem Ort touristisc­h gesehen nicht wirklich etwas, sagt Bürgermeis­ter Frank Dittrich (parteilos). Das sei aber nie erklärtes Ziel der Gemeinde gewesen. Zu sehen gibt es in dem rund 1100-EinwohnerO­rt einen großen Stein mit Tafel. „Dort halten ab und zu Radfahrer“, sagt Dittrichs Stellvertr­eter Hörschelma­nn.

Auf die neue Konkurrenz aus Hessen blickt man in Krebeck im übrigen ganz gelassen. „Wir nehmen das mit dem Mittelpunk­t gar nicht so ernst“, sagt Hörschelma­nn. Wohl auch, weil sich Besucher eher für die Eichsfelde­r Spezialitä­ten einer kleinen Fleischere­i interessie­ren als für den Stein, der den Mittelpunk­t Deutschlan­ds markieren soll.

 ?? DPA-BILDER: PFÖRTNER/ZUCCHI ?? Ein Stein markiert in Krebeck den „Mittelpunk­t Deutschlan­ds“. Doch es ist nicht der einzige.
DPA-BILDER: PFÖRTNER/ZUCCHI Ein Stein markiert in Krebeck den „Mittelpunk­t Deutschlan­ds“. Doch es ist nicht der einzige.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany