Nordwest-Zeitung

Lehrstunde in nur 52 Minuten

Roger Federer zeigt Alexander Zverev die Grenzen auf und gewinnt in Halle

- VON CAI-SIMON PREUTEN

Mit 6:1 und 6:3 führte der routiniert­e Schweizer den jungen Deutschen vor. Diesem gehört dennoch die Zukunft, betonte Federer.

HALLE/WESTFALEN – Am Ende der Lehrstunde blieben Alexander Zverev nur Trost und warme Worte des größten Rasenspiel­ers der Tennis-Geschichte. Fast väterlich klopfte Roger Federer dem „netten Bub“auf den Rücken und lobte die Fortschrit­te, die Zverev in den letzten zwölf Monaten gemacht hatte. „Ihm gehört die Zukunft“, sagte der Schweizer, nachdem er Zverevs Traum vom Heimsieg in Halle in der Gegenwart auf brutale Art zerstört hatte.

Nur 52 Minuten dauerte das einseitige Finale der 25. Gerry Weber Open, eine knappe Stunde, in der Zverev beim 1:6, 3:6 seine Grenzen aufgezeigt bekam. Der gebürtige Hamburger nahm es mit Humor: „Was du machst, werden wir auf dem Tennisplat­z künftig nicht mehr sehen. Es ist immer eine Freude, dich spielen zu sehen“, sagte Zverev: „Aber heute hättest du etwas netter zu mir sein können.“

Trotz der herben Pleite darf er zuversicht­lich nach Wimbledon (ab 3. Juli) fahren. In Halle überzeugte er sowohl spielerisc­h wie bei seinem klaren Erfolg gegen Philipp Kohlschrei­ber, als auch kämpferisc­h bei den Dreisatzsi­egen gegen Roberto Bautista Agut Daumen hoch für die Finalisten: (von links) der unterlegen­e Alexander Zverev, Model Eva Herzigova (44) und Turniersie­ger Roger Federer

aus Spanien und Richard Gasquet aus Frankreich.

Gegen Rekordsieg­er Federer, den er im vergangene­n Jahr im Halbfinale erstmals bezwungen hatte, fehlte Zverev nicht nur (Rasen-)Klasse, sondern auch Kraft. Er war überforder­t mit dem Tempo, das Federer vom ersten Ballwechse­l an einschlug.

Der 35-Jährige spielte sich in einen Rausch, zauberte wie bei seinem sensatione­llen Saisonauft­akt, als er die Australian Open und die Masters in Indian Wells und Miami gewann. Ab und an führte er Zverev sogar vor. „Ich habe von Anfang an super gespielt

und nie nachgelass­en. Mir ist alles geglückt“, sagte Federer, „das war bei weitem mein bestes Spiel in dem Turnier.“

Die ostwestfäl­ischen Fans, die Federer mehr lieben als jeden deutschen Spieler, versuchten plötzlich, Zverev ins Match zu peitschen. Zverev ließ sich nicht hängen, kämpfte um jeden Ball. Für mehr als ein paar Achtungser­folge von der Grundlinie reichte es jedoch nicht mehr. Federer blieb in seinem bislang besten Match der Rasensaiso­n gnadenlos und sicherte sich den neunten Titel in Halle.

Die Veranstalt­er des Turniers wollen Zverev mittelfris­tig

zum Nachfolger von Federer aufbauen, sogar ein Vertrag auf Lebenszeit, wie ihn der Grand-Slam-Rekordcham­pion besitzt, ist im Gespräch. Noch, wendet Federer ein, sei Zverev jedoch in der „Transforma­tion vom Bub zum Mann“, er warnt davor, dem Jungstar zu hohe Erwartunge­n aufzubürde­n.

Federer dagegen startet als Favorit in London. Die vergangene­n zwölf Monate hatte er auf sein großes Ziel ausgericht­et: den achten Titel in Wimbledon. Er sei bereit, hatte Federer bereits unter der Woche betont. Alexander Zverev kann das nun bestätigen.

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DPA-BILD: GENTSCH

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