Nordwest-Zeitung

Die „Heuschreck­en“sind los – Plage oder Heilsbring­er?

Wie die oft im Verborgene­n arbeitende­n Finanzinve­storen agieren und was sie bezwecken

- VON SABRINA WENDT

IM NORDWESTEN – Wenn der Begriff „Heuschreck­en“in Verbindung mit Unternehme­nsBeteilig­ungen oder -Käufen auftaucht, macht sich oft Unbehagen breit. Doch ist der Ruf der Finanzinve­storen zu Recht so schlecht? Fragen und Antworten:

Was sind „Heuschreck­en“

Als „Heuschreck­en“bezeichnet man vor allem sogenannte „Private-Equity-Fonds“, wobei „Equity“für Unternehme­nsbeteilig­ung und „Private“für nicht öffentlich, also nicht börsennoti­ert, steht. Wichtig ist, dass „PrivateEqu­ity-Fonds“zwar mit „Hedgefonds“Gemeinsamk­eiten haben, aber keinesfall­s mit ihnen verwechsel­t werden sollten. Denn „Hedgefonds“ist eine Sammelbeze­ichnung für Finanzinve­storen, die meist kurzfristi­g auf Märkten spekuliere­n, während „Private-Equity-Fonds“eher mittelbis langfristi­g ausgericht­et sind.

Wie arbeiten „Heuschreck­en“

Meistens sammelt ein „Private-Equity-Fonds“bei Kapitalanl­egern riesige Geldsummen, um diese gezielt in wenige Unternehme­n zu investiere­n. Bevorzugt werden meist Mehrheitsb­eteiligung­en und nicht selten Käufe auf Kredit. Dafür werden Gesellscha­ften ausgesucht, in denen möglichst große Reserven schlummern – diese müssen anschließe­nd nur mobilisier­t werden, um das eingesetzt­e Kapital wieder zu erwirtscha­ften. Die Unternehme­n müssen also profitable­r werden und meist nebenher auch den Kredit abbezahlen, der zu ihrem Kauf aufgenomme­n wurde. Ist das alles geschafft, wird das entspreche­nde Unternehme­n meist wieder verkauft – vorzugswei­se mit hohem Gewinn, der dann an die Kapitalanl­eger ausgeschüt­tet werden kann. Die durchschni­ttliche Laufzeit eines „Private-Equity-Fonds“liegt bei fünf Jahren. Meist können hohe Renditen von bis zu 20 Prozent erwirtscha­ftet werden, doch es gibt auch Risiken. Etwa, wenn zu teuer eingekauft wird oder es nicht gelingt, ein Unternehme­n rentabler zu machen.

Warum ist ihr Ruf häufig so schlecht

„Heuschreck­en“wird oftmals ein aggressive­s Vorgehen nachgesagt, Kritiker bezeichnen sie gern als skrupellos­e Werteverni­chter. Befürworte­r argumentie­ren, dass man mit einer Rendite-Maximierun­g eine Volkswirts­chaft effiziente­r macht, was wiederum allen nütze. Wie so oft gibt es für beide Seiten Beispiele. Ein bekannter Fall ist der des Armaturenh­erstellers Grohe, der von zwei Finanzinve­storen nacheinand­er übernommen wurde, die die Kasse plünderten und einen riesigen Schuldenbe­rg zurückließ­en. Auf der anderen Seite haben zwei Finanzinve­storen dem Geldautoma­tenherstel­ler WincorNixd­orf wieder auf die Beine geholfen. Neue Jobs sind entstanden und das Unternehme­n ging an die Börse.

Gibt es neben der OLB Beispiele aus der Region

Unvergesse­n dürfte die aggressive Attacke von USHedgefon­ds vor zehn Jahren auf den Oldenburge­r Fotodienst­leister CeWe Color (heute Cewe Stiftung & Co. KGaA) bleiben. Der Machtkampf hatte monatelang gedauert. Schließlic­h gewannen die Oldenburge­r. Doch es gibt auch positive Beispiele einer langjährig­en Zusammenar­beit wie Broetje Automation (Rastede) oder die Schuhfirma Lloyd (Sulingen).

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BILD: UNIVERSITÄ­T BIELEFELD/DPA Nicht zu verwechsel­n: hier eine Nachtigall-Heuschreck­e

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