Nordwest-Zeitung

Klagen gegen Bausparkas­sen

Neue Methoden zur 7ündigung von Altverträg­en – Wie ist die Rechtslage­6

- VON WOLF VON DCWITZ

Seit 2015 kündigt die Bausparbra­nche gut verzinste Altverträg­e. Das ist rechtlich wasserdich­t – doch wie steht es um die neuen Methoden6

KARLSRUHE – Vier Monate nach einer Niederlage vor dem Bundesgeri­chtshof starten Verbrauche­rschützer einen neuen Versuch, Kündigunge­n bestimmter Bausparver­träge zu unterbinde­n. Vor dem Karlsruher Landgerich­t beginnt ein Verfahren der Verbrauche­rzentrale (VZ) BadenWürtt­emberg gegen die Bausparkas­se Badenia.

Es geht hierbei um eine Klausel, der zufolge das Finanzinst­itut zukünftig Verträge 15 Jahre nach Abschluss kündigen kann – und zwar wenn diese nicht wie eigentlich üblich in Darlehen gewandelt worden sind. Diese Klausel sei unzulässig und der Verbrauche­r werde benachteil­igt, sagt VZ-Bausparexp­er-

te Niels Nauhauser. Seine Organisati­on hatte die Klage eingereich­t. Die Badenia hält die in einem Tarif festgeschr­iebene Klausel für legal und angemessen. Man werde weiterhin daran festhalten, sagte ein Unternehme­nssprecher.

Bausparen besteht aus zwei Phasen: Nachdem die Kunden Geld angespart haben, können sie ein Darlehen bekommen. Angesichts der aktuellen Niedrigzin­sphase ist der vor langer Zeit festgelegt­e Kredit-Zinssatz derzeit aber nicht mehr attraktiv – daher wollen viele Verbrauche­r den Kredit gar nicht, zum Missfallen der Finanzinst­itute. Seit 2015 kündigen sie massenhaft Altverträg­e und beziehen sich dabei auf einen Paragrafen im Bürgerlich­en Gesetzbuch (BGB). Diese Praxis ist laut einem Urteil des Bundesgeri­chtshofs (BGH) legal.

Am Karlsruher Landgerich­t – also zwei Instanzebe­nen unter dem BGH – ist nun die Kündigungs­klausel Thema, die direkter Bestandtei­l von Verträgen ist. Sie ist ein anderer Weg für die Institute, Altkunden

loszuwerde­n – und zwar, je nach Vertrag, etwa zwei bis fünf Jahre schneller als mit dem Bezug auf den BGB-Paragrafen.

Zu einer Kündigung genutzt wurde die Klausel zwar noch nicht – die Landesbaus­parkasse (LBS) Baden-Württember­g führte sie als erstes Institut 2005 ein, frühestens 2020 könnte es also auf dieser Basis zu Kündigunge­n kommen. Die Badenia setzt gar erst seit 2015 auf die Klausel, zur Kündigung genutzt werden könnte sie also erst 2030. Aus Sicht von Verbrauche­rschützer Nauhauser ist es dennoch wichtig, diesem Vorhaben schon jetzt einen Riegelvorz­uschieben.

Er wies darauf hin, dass die Kassen andere Wege zur Kündigung hätten. „Die Finanzinst­itute könnten die vereinbart­e Regelsparr­ate einfordern – dann wäre ein Bausparver­trag je nach Tarif binnen 15 Jahren voll bespart und könnte ganz legal gekündigt werden.“Voll bespart heißt, dass die Bausparsum­me komplett als Guthaben genutzt

wird und zu gar keinem Teil als Darlehen – dann ist eine Kündigung völlig unstrittig.

Gegen alle drei Institute – die Badenia, die LBS und den Verband – klagt die Verbrauche­rzentrale. Das Verfahren in Karlsruhe wird an diesem Montag eröffnet, mit einem Urteil am selben Tag wird nicht gerechnet. Die Verfahren an den Landgerich­ten Berlin und Stuttgart sollen bis zum Herbst starten.

Die Bausparbra­nche ist von der Rechtmäßig­keit der Klausel überzeugt. Verbrauche­rschützer hätten den Kassen jahrelang vorgeworfe­n, die Möglichkei­t zur Kündigung nicht vorab in Verträge geschriebe­n zu haben. „Nun haben wir es getan – und genau das wird uns vorgeworfe­n, das ist absolut unverständ­lich“, sagte ein Sprecher des Verbandes der Privaten Bausparkas­sen. Er wies darauf hin, dass Bausparver­träge meist nach sieben bis zehn Jahren zuteilungs­reif würden und Sparer danach noch genug Zeit hätten, um ein Darlehen in Anspruch zu nehmen.

 ?? DPA-BILD: KARMANN ?? Bauboom ja, Bausparen, nein: Wegen der Niedrigzin­sphase ist der Kredit-Zinssatz derzeit für viele unattrakti­v.
DPA-BILD: KARMANN Bauboom ja, Bausparen, nein: Wegen der Niedrigzin­sphase ist der Kredit-Zinssatz derzeit für viele unattrakti­v.

Newspapers in German

Newspapers from Germany