OLDELquartier und Monolith
Der „Tag der Architektur“wurde trotz des Regens sehr gut genutzt. Die NWZ schaute bei einem der sechs Objekt mit herein. Bauherren und Architekten zeigen sechs Objekte
OLDENBURG – Drchitekt Ulf Janssen schaut leicht ungläubig, als er die Haustür öffnet und die lange RegenschirmSchlange erblickt. Das Objekt liegt ein wenig versteckt, aber alle haben es gefunden: den modernen Kubus als Anbau des alten Giebelhauses am Artillerieweg 15.
Eine Oldenburger Marketing-Agentur als Bauherrin hat das Giebelhaus energetisch saniert und an eine Dreier-WG aus dem Umfeld der Universität vermietet. Im hinteren Bereich – wo sich früher ein Hundehütten-typischer, kleiner, kaum genutzter Anbau anschloss – hat sie auf 140 Quadratmeter Fläche die zweite Wohneinheit entstehen lassen: ein Gästehaus für ein bis zwei Personen in strenger, monolithischer Kubatur.
Große Fenster mit Schutz
Der Kubus, der vom Verbrauch einem Effizienzhaus 70 entspricht (mit FlachdachSolaranlage und Gastherme), öffnet sich im Erdgeschoss (Wohnen) und im Obergeschoss (Schlafen) über zwei riesige Wärmeschutzscheiben ins Grüne. Janssen sagt: „Die relativ harte Form hat sich unter anderem ergeben aus der guten Verbindung von drinnen und draußen.“
Die Besucher sind angetan – und haben Fragen: Wie viel Licht filtert das Wärmeschutzglas, wie hoch sind die Decken, in welche Himmelsrichtung liegt der Garten, wie sind die Wände aufgebaut, ist das ein Passivhaus, ist es ein Holzständerwerk, wie lange haben Sie daran gebaut?
Das ganze Haus mit seinen 120 qm Wohnfläche ist in Eichenparkett gehalten, im Möbelbereich zum Teil mit Titanoxid weißpigmentiert, die relativ schmalen Türen sind alle raumhoch, 2,75 Meter, die Decken zeigen den schlichten Beton, nur die Schlitze wurde geschlossen, der Lehmspachtel auf den lehmverputzten Wänden nimmt 20 Prozent der Raumfeuchte auf. Als Klinker wurde ein dänischer Petersen gewählt: 3,5 Zentimeter hoch, 50 Zentimeter
lang und 10 Zentimeter tief. „Der wird immer in der Runde gemauert, ohne Verschnitt,
wie man einen Ringelpullover strickt“, sagt Janssen.
Die Reaktionen: „Vom Bett
bis zum Rauchmelder – hier ist nichts von der Stange.“Und: „Guck’ mal, die vollformatige Tür, wie schön, aber ich glaube, wenn man weiß, was die kostet, macht man das nicht.“Einer der Besucher sagt: „Wenn man das hier sieht, möchte man am liebsten noch mal bauen – aber diesmal alles machen lassen.“
Auch im Bad gibt es viele Oohs und Aahs. Eine Hamburger Betonspezialistin (Hanne Hipp von CHD) hat Silikonmatritzen für ein altes Tapetenmuster von Hermès angefertigt und daraus aufwendige, 70 mal 50 Zentimeter große Sichtbeton-Fliesen (unter anderem mit Marmormehl versetzt) gefertigt. Auch die Becken sind aus Beton, die Dusche großzügig und mit einer riesigen, spezialgeschliffenen Scheibe abgetrennt.
Sechs Objekte gezeigt
Die reine Bauzeit lag bei achteinhalb Monaten, auch wegen der Trocknungszeiten für Lehmputz und Estrich, mit den Planungen wurde aber schon in 2015 begonnen, seit Dezember 2016 ist der stimmige, stark kontrastierende Doppelbau fertig.
Das Objekt am Artillerieweg war eines von sechs Objekten, das an diesem Wochenende von der Architektenkammer Niedersachsen für den Tag der Architektur ausgewählt worden war. Bereits am Samstag war der Verbrauchermarkt von Aktiv + Irma in Kreyenbrück gezeigt worden, der eine Sonderstellung einnimmt für den Bau von Supermärkten.
Am Sonntag öffneten neben dem Objekt der Architekten Ulf Janssen und Prof. Jürgen Arendt, die beide auch an der Jade Hochschule lehren, vier weitere Objekte ihre Türen: der Oeins Kulturturm von Ohlenbusch, Martens und Platz; das Windlab der Universität von Hammeskrause Architekten; die Kanzlei Wandscher und Partner (kbg architekten bagge grothoff partner) und das neue Wohnquartier Beverbäker Wiesen der Kubus-Tochter Beverbäker Wiesen GbR: mehrere Gebäude mit 200 Wohnungen neben der Donnerschwee Kaserne, für die sich zahlreiche Besucher interessierten. Gebaut haben den Komplex, der eine Menge neuen Wohnraum in der Stadt schafft, die Architekten Anne Kristin Funck, Robin Limmroth und Holger Schmidt (HS-Architekten).