Nordwest-Zeitung

Jagd im Internet und auf inoffiziel­len Kanälen

Kartenhand­el für Events boomt – Welche Tücken dem Käufer drohen

-

BERLIN/FTD – Ob ein Konzert in der Elbphilhar­monie oder das DFB-Pokalfinal­e im Berliner Olympiasta­dion – die Ticketjagd beginnt heute lange vor einem Ereignis im Internet und zunehmend auf inoffiziel­len Kanälen. Auf Ebay und bei Ticket-Zweitbörse­n wie Viagogo und Stubhub werden Karten aus privater Hand angeboten. Doch wer auf diese Weise zum begehrten Einlasstic­ket kommt, hat oft Ärger, berichtet die Zeitschrif­t „Finanztest“in ihrer Juli-Ausgabe.

Recherchen des Finanzmaga­zins der Stiftung Warentest zeigen: Viele Kunden merken zu spät, dass sie überhöhte Preise bezahlt haben und eine Rückgabe oft unmöglich ist. Dazu kommt: Wer Karten auf dem Schwarzmar­kt kauft, hat bei Absage kein Anrecht auf sein Geld.

Mehr als 4000 Euro

Am Beispiel des DFB-Pokalfinal­s Ende Mai 2017 in Berlin zeigt „Finanztest“, wie die Preismasch­e auf dem

Zweitmarkt funktionie­rt. Der Veranstalt­er DFB untersagt den Weiterverk­auf der Tickets zwar in seinen Geschäftsb­edingungen, doch nach dem Wettbewerb­srecht ist er nicht verboten – auch nicht zu höheren Preisen.

Eine „Finanztest“-Redakteuri­n hat die Viagogo-Internetse­ite vor dem DFB-Pokalfinal­e öfter besucht. Angeblich interessie­rten sich jedes Mal gerade mehr als 10 000 Menschen für Pokalfinal-Karten,

einzelne Karten sollten bis zu 4493 Euro kosten. „Die Eintrittsk­arten werden wahrschein­lich schnell ausverkauf­t sein!“, erscheint in dramatisch roter Schrift.

„Finanztest“geht davon aus, dass Tickets in Wirklichke­it nicht so hoch gehandelt werden. Als die Redakteuri­n am 23. Mai − vier Tage vor dem Spiel – bei Viagogo auf Kartenjagd ging, fiel der Preis von 4493 Euro binnen Minuten auf 392 Euro. Nach Drücken des Kaufbutton­s erschien die Meldung, man hätte 8203 Euro gespart.

In Internetfo­ren schildern verärgerte Käufer ihre Erfahrunge­n. „Erst abgezockt, dann keine Karten“, schreibt Turtle155. „Bin auch reingefall­en“, gesteht Isacaro und schreibt über Viagogo: „habe Tickets für 96,00 bestellt (2 Stück), erhalten habe ich Tickets für 35,00 !!!! “Kein Einzelfall: Viele Kunden merken erst, wenn sie die Karten in den Händen halten, dass diese ursprüngli­ch viel billiger gehandelt wurden. Die Preise legen allein die privaten Anbieter fest – und schlagen drauf.

Das Geschäftsp­rinzip von Ticketbörs­en wie Viagogo: Sie fungieren lediglich als Marktplatz und machen ihr Geschäft, indem sie Versandkos­ten und Bearbeitun­gsgebühren erheben. Die Gebühren sind happig und liegen oft bei mehr als 20 Euro pro Karte. Der Endpreis wird den Käufern erst beim letzten Schritt der Bestellung angezeigt.

Nicht selten dauert es wochenlang, bis die Karten versendet werden. Zurückgebe­n ist schwierig. Kunden beschreibe­n, dass es kaum möglich ist, mit dem Zweithändl­er in Kontakt zu treten. Auf die Bitte um ein Interview mit Finanztest reagierte das Unternehme­n nicht.

Schwarzmar­kt

Nicht nur Sportfans greifen tief in die Tasche, um ihre Idole live zu sehen. Rund 3 Milliarden Euro setzt die deutsche Veranstalt­ungsbranch­e mit Konzerten, Musicals, Theatervor­stellungen und Shows um. Durch Viagogo & Co ist der Schwarzmar­kthandel nach Einschätzu­ng des Bundesverb­ands der Veranstalt­ungswirtsc­haft stark gewachsen.

Früher musste sich jeder Käufer an einer Kasse anstellen. Meist wurde eine festgelegt­e Anzahl an Karten pro Person herausgege­ben. Heute können Schwarzmar­kthändler eine große Zahl an Karten auf offizielle­n Ticketseit­en kaufen – und überteuert weiterverk­aufen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany