Nordwest-Zeitung

Sturgeon vertagt Referendum

„Schotten noch nicht von Unabh:ngigkeit überzeugt;

- VON CHRISTOPH MEYER UND ANDREAS SCHWITZER

EDINBURGH/LONDON/BRÜSSEL – Die schottisch­e Regierungs­chefin Nicola Sturgeon hat Pläne für ein neues Unabhängig­keitsrefer­endum auf Eis gelegt. Stattdesse­n wolle die schottisch­e Regierung bei den Brexit-Verhandlun­gen das bestmöglic­he Ergebnis für die Schotten erzielen und sich auf den Verbleib des Landes im Europäisch­en Binnenmark­t nach dem Brexit einsetzen, sagte sie am Dienstag im Parlament in Edinburgh. „Wir werden alles tun, um Großbritan­nien in diese Richtung zu bewegen“, sagte sie.

Im Herbst 2018, wenn die Umstände des geplanten EUAustritt­s Großbritan­niens klar werden, solle erneut über den Zeitplan für ein Unabhängig­keitsrefer­endum entschiede­n werden. Die Mehrheit der Schotten sei noch nicht von der Unabhängig­keit überzeugt.

Sturgeon reagierte damit auf die heftige Wahlnieder­lage ihrer Schottisch­en Nationalpa­rtei (SNP) bei der britischen Parlaments­wahl vor knapp drei Wochen. Die Befürworte­r eines unabhängig­en Schottland­s verloren 21 ihrer 56 Sitze in Westminste­r. Die Parteivors­itzende hatte eingeräumt, dass ihre Forderung nach einem zweiten Unabhängig­keitsrefer­endum zu dem schlechten Ergebnis beigetrage­n haben könnte.

Im März hatte Sturgeon aus Protest gegen den Brexit-Kurs der britischen Regierung angekündig­t, zwischen Herbst 2018 und Frühjahr 2019 eine Volksabsti­mmung zur Loslösung von Großbritan­nien abhalten zu wollen. Sie rechtferti­gte das damit, dass die Schotten beim Brexit-Referendum – anders als der Rest der Briten – mehrheitli­ch für einen Verbleib in der EU gestimmt hatten und dass es damit andere Vorzeichen gebe als vor dem ersten Unabhängig­keitsvotum.

Die britische Regierung deutet unterdesse­n Zugeständn­isse bei den ersten Knackpunkt­en in den BrexitVerh­andlungen mit der Europäisch­en Union an. Beide Seiten hätten ihre Eröffnungs­position dargelegt, jetzt müsse man verhandeln, sagte Staatssekr­etär Robin Walker vom Brexit-Ministeriu­m am Dienstag. EU-Chefunterh­ändler Michel Barnier hatte am Montag auf das Angebot aus London skeptisch reagiert und „mehr Ehrgeiz, Klarheit und Garantien“gefordert. Das Papier soll nun genau geprüft werden. Verhandelt wird erst wieder am 17. Juli.

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AP-BILD: WIGGLESWOR­TH Will abwarten: Schottland­s Regierungs­chefin Nicola Sturgeon inmitten ihrer Kollegen von der SNP

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