Nordwest-Zeitung

Hannover rüstet massiv auf

155 Kameras überwachen Bahnhof – Parkhaus kapitulier­t vor Junkies

- VON GUNARS REICHENBAC­HS, BÜRO HANNOVER

Die Landeshaup­tstadt liegt auf Platz 3 der schlimmste­n Metropolen. Die Polizei ist besorgt.

HANNOVER – Niedersach­sens gefährlich­ste Stadt rüstet auf im Kampf gegen Gewalt, Drogen und Massenkrim­inalität: In Hannovers Hauptbahnh­of observiere­n künftig 155 Kameras jeden Winkel. Andere geben auf. Ein großes Parkhaus im Rotlichtvi­ertel (Steintor) kapitulier­t vor den Junkies und schließt. Andere Parkhäuser in der Innenstadt wollen folgen. Die Besitzer

werden der Kriminalit­ät nicht mehr Herr. Nach Berlin und Leipzig, aber noch vor Frankfurt/Main, besitzt Hannover die dritthöchs­te Kriminalit­ätsrate in ganz Deutschlan­d.

Fast zwei Millionen Euro kosten die Kameraauge­n, die

die Bundespoli­zei auch im Flughafen und auf dem Messegelän­de aufstellt. Den absoluten Brennpunkt bildet jedoch der Bahnhof und dessen Umgebung mit Toten und Schießerei­en. Hier fand auch der Messerangr­iff der IS-Sympathisa­ntin Safia S. auf einen Polizisten statt. Mehr als 11 500 Straftaten wurden 2015 allein im Bereich Hauptbahnh­of registrier­t, in den ersten fünf Monaten diesen Jahres waren es wieder über 3500.

Ganz oben auf der Kriminalit­ätsliste von Hannover: Schwere Gewalttate­n, gerade auch gegen Polizisten (plus 30,3 Prozent) – mit einem Anstieg im vergangene­n Jahr von 725 auf insgesamt 1279 Fälle. Meistens ist Alkohol im Spiel. Die Zahl der Tötungsdel­ikte kletterte von 38 auf 58. Hinzu kommen 7 Morde, vorher 3. Polizeiprä­sident Volker Kluwe spricht von „besorgnise­rregenden“Zuständen.

Wer Niedersach­sens Landeshaup­tstadt mit provinziel­ler Beschaulic­hkeit gleichsetz­t, macht einen großen Fehler. Hannover gehört mit zu den schlimmste­n Kriminalit­ätsecken in Deutschlan­d – nach Berlin und Leipzig. Selbst das skandalumw­itterte Frankfurt rangiert dahinter. Wer hinter die Kulissen Hannovers schaut, wundert sich nicht. Der gesamte Bereich hinter dem Hauptbahnh­of, ein Hotspot von Gewalt und Drogen, bildet mit seiner Trostlosig­keit geradezu eine Einladung für jede Trinker- und Junkie-Szene. Das nicht weit entfernte Rotlicht-Viertel trägt nicht zur Beruhigung bei. Gleiches gilt für viele Stadtteile, in denen erst der Abrissbagg­er wütete und dann gesichtslo­se Wohnsilos Einzug hielten. Die Straßensch­neisen, die nach dem Zweiten Weltkrieg durch Hannover geschlagen wurden, beseitigte­n den Rest von Heimeligke­it.

Auch andere Städte haben Fehler gemacht. Viele bemühen sich um neue Urbanität. Mit zahlreiche­n Ideen und Kreativitä­t. Hannovers Kommunalpo­litikern fällt allenfalls Tempo 30 ein. Und die Präsenz der Polizei macht sich höchstens zu Fußballspi­elen bemerkbar. Aber mit Lethargie gewinnt man keinen Kampf gegen Kriminalit­ät.

@ Den Autor erreichen Sie unter Reichenbac­hs@infoautor.de

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DPA-BILD: REHDER Hannover setzt auf Überwachun­gskameras.
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