Für AfD wird’s jetzt ganz eng
Große Bedenken beim Landeswahlamt wegen Liste zur Bundestagswahl
Experten schließen ein Scheitern nicht aus. Parteichef Hampel zeigt sich unberührt.
HANNOVER – Das Chaos in der AfD Niedersachsen geht weiter. Mit Blick auf die Bundestagswahl und einer ordnungsgemäßen Landesliste wird es jetzt für die rechtspopulistische Partei ganz eng. Gleich auf drei Seiten formuliert das Landeswahlamt unter Leiterin Ulrike Sachs Fragen und Bedenken. Der Brief liegt dieser Zeitung vor. Experten schließen nicht aus, dass die AfD mit den bisherigen Unterlagen scheitert und nicht mit einer Liste in Niedersachsen zur Bundestagswahl zugelassen wird. Dann dürften Wähler nur hinter Direktkandidaten ein Kreuz machen. Die AfD verfügt jedoch nicht über einen einzigen sicheren Wahlkreis in Niedersachsen.
FEHLER BEI EINLADUNG
„Uns liegen Anhaltspunkte vor“, schreibt das Landeswahlamt der AfD, dass nicht alle Mitglieder zur Aufstellungsversammlung am 4./5.2.2017 eingeladen worden seien. Parteimitglieder, die keine Mailadresse hinterlegt hätten, seien „nicht eingeladen worden“. Das wäre
ein glatter Verstoß. ABSTIMMUNG
Weiter liegen der Behörde „Anhaltspunkte“vor, „dass Personen, die nicht stimmberechtigt gewesen sein sollen, bei der Aufstellungsversammlung an der Abstimmung für die Landesliste teilgenommen hätten“. Deshalb fragt das Landeswahlamt, wie eigentlich sichergestellt wurde, dass solche Personen nicht abstimmen konnten? POLIZEI-ZEUGNISSE
Völlig unklar scheint das Wahlverfahren mit Blick auf polizeiliche Führungszeugnisse gewesen zu sein. Offenbar mussten Bewerber für eine Listenkandidatur ein solches Führungszeugnis mitbringen. „Sind Bewerberinnen und Bewerber an ihrer Kandidatur gehindert worden,
weil sie kurzfristig kein Führungszeugnis beibringen konnten?“, fragt jetzt das Landeswahlamt. Wurden sie von einer Kandidatur abgehalten? TERMINWIRRWARR
„Es liegen Anhaltspunkte vor“, schreibt die Behörde, dass der Fortsetzungstermin am 11./12.2.2017 – weil die AfD die Listenaufstellung an einem Wochenende allein nicht schaffte – „nicht hinreichend kommuniziert“wurde. „In welcher Form erfolgte die Information der Parteimitglieder, dass die Aufstellungsversammlung fortgeführt wurde?“, fragen die Wahlprüfer. ULTIMATUM
„Die fehlenden Nachweise“– weiterhin fehlen Unterschriften, Protokolle und eidesstattliche Versicherungen – müssen von der AfD „im Rahmen desMäng elbe seitigungsv erfahrens“bis„ spätestens 17. Juli 2017 um 18 Uhr“vorgelegt werden, legt die Landes wahl leitung eine absolute letzte Frist fest. Tatsächlich können laut Wahlgesetz Mängel bei den Wahlvorschlägen „nach Ablauf der Frist nicht mehr beseitigt werden“. Auch fehlende Unterschriften und Nachweise der Wahlberechtigung „können nach Fristablauf nicht mehr beigebracht werden“.
Nichts geht mehr nach dem 17. Juli. Dann entscheidet nur noch der Landes wahlausschuss am 28. Juli. Mitglieder im Gremium: Zwei Richter vom Oberverwaltungsgericht in Lüneburg, zwei Beauftragte von der CDU und einer von der SPD. Dazu entsenden die Grünen und die Linke sowie die Wirtschaft jeweils eine Vertrauensperson.
Niedersachsens AfD-Chef Armin Paul Hampel gibt sich noch gelassen. Das „Prüfverfahren“würde nur „seinen behördlichen Gang“gehen. Neben „einigen wenigen formalen Korrekturen“werde der Landesvorstand „zeitnah seine Antwort zu den von der Landes wahl leiterin formulierten Fragen bezüglich der ordnungsgemäßen Durchfüh- rung der Aufstellungs versammlung übermitteln “.„ In jedem Fall“, so Hampel, werde man die Anfechtungen „sofort entkräften“. Viele Mitglieder fordern aber Neuwahlen.