Falscher Weg
Mer Freitag brachte dem deutschen Wahlvolk zwei spektakuläre Entscheidungen seiner Vertreter. Die opferten zunächst eine jahrhundertelange zivilisatorische Gewissheit – die Ausschließlichkeit der Ehe zwischen Mann und Frau – auf dem Altar kurzfristiger WahlkampfTaktik.
Die andere ist dazu geeignet, der Meinungsfreiheit einen verheerenden Schlag zu versetzen. Beiden gemeinsam ist, dass die beschlossenen Gesetze keineswegs das letzte Wort in Sachen Homo-Ehe und Netzzensur sein dürften. Beide werden wohl vor dem Bundesverfassungsgericht landen. Dies ist das Resultat zweifelhafter Motive der Parteien, offenkundiger Missachtung von Warnungen sowie der Stimme weiter Teile der Zivilgesellschaft.
Über die Homo-Ehe lässt sich trefflich streiten. In der Öffentlichkeit geschah das in den vergangenen Tagen hitzig und vor allem gefühlig. Im Parlament diskutierten die Abgeordneten hingegen nicht einmal eine Stunde. Das zeigt, dass es letztlich nur am Rande um die Sache an sich ging. Wahlkampf war die entscheidende Triebfeder für den parlamentarischen Handstreich.
Die Kanzlerin wollte ein potenziell peinliches Thema abräumen, die SPD den Noch-Koalitionspartner vorführen. Dabei geriet ein wichtiger Fakt aus dem Blickfeld: Das Verfassungsgericht hat sich in der Vergangenheit ganz klar zum Charakter der Ehe geäußert. Es stellte noch in jüngerer Zeit klar, dass die Ehe eine auf Dauer förmlich geschlossene Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau ist. Eine Verfassungsänderung wäre also der einzige ehrliche Weg gewesen. Aber nein – das Gesetz musste ja im Schweinsgalopp durch das Parlament gepeitscht werden.
Das Maas-Gesetz zur Zensur sozialer Netzwerke wurde sowohl im Bundestag als auch in der Öffentlichkeit breit diskutiert. Verleger, Journalisten, Verfassungsrechtler, der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages und sogar die Vereinten Nationen warnten. Daraufhin betrieb der Justizminister ein wenig Kosmetik, die an der grundsätzlichen Ruchlosigkeit des Vorhabens nichts änderte: Die Begriffe „Hassrede“und „Fakenews“sind beliebig. Es wird eine intransparente Paralleljustiz geschaffen, und um den extremen Strafen zu entgehen, werden Betreiber in Zukunft vorsorglich kontroverse Meinungen löschen.
Genau deswegen wird wohl auch dieses Gesetz, das nichts anderes als eine Kontrolle des öffentlichen Diskurses noch rechtzeitig vor der Wahl zum Ziel hat, vor dem Verfassungsgericht landen. Es steht zu hoffen, dass dieses korrigierend eingreift. Deutschland hatte in seiner Geschichte schon immer Probleme mit der Meinungsfreiheit. Dass nun allerdings ein demokratisch gewähltes Parlament diese angreift, ist eine erschreckende Entwicklung.
Der Bundestag hat an diesem Freitag aus durchsichtigen Motiven für weitere Konflikte und Unsicherheiten gesorgt. Dieser Tag war auch deswegen das Gegenteil einer Sternstunde der parlamentarischen Demokratie.
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