Nordwest-Zeitung

Material für eine etwas andere Deutschstu­nde

Bestseller­autor Bastian Sick sammelt in einem Buch wieder Stolperste­ine der Sprache

- VON REINHARD TSCHAPKE

KÖLN/OLDENBURG – Sein Stoff ist die Sprache. Seine Spezialitä­t sind die Stolperste­ine. Die bringen ihm Millionen – vor allem an Lesern. „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“machte ihn zum Bestseller­autor.

Der Hamburger Bastian Sick (51) kennt sich aus im Irrgarten der Sprache. Doch er sieht sich nicht als Besserwiss­er. „Lehrer schon“, sagte er einmal in seiner vernünftig­en, korrekten, freundlich­en und trockenen Art, „Lehrerblut fließt ja in meinen Adern.“Er kommt aus einer Lehrerfami­lie, studierte Pädagogik, wurde Dokumentar­ist beim „Spiegel“, begann Kolumnen zu schreiben, die zügig Kult wurden. Jetzt hat er ein neues Bilder-Buch in der schier endlos unterhalte­nden „HappyAua-Reihe“herausgebr­acht: „Schlagen Sie dem Teufel ein Schnäppche­n“.

Sick ist längst groß rausgekomm­en, aber auf dem Teppich geblieben. „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“wurde 2005 sogar vom Saarland in den Kanon der Pflichtbüc­her fürs Abitur aufgenomme­n. „Nach dem fünfzigste­n Jagdunfall gelangte die Genossensc­haft zu der Einsicht, dass man der Gemeinde etwas schuldig war.“– Bastian Sicks Kommentar zu diesem Foto.

Darüber wurde tüchtig gestritten. Unstrittig ist, dass Sick 2006 in der Kölnarena die größte „Deutschstu­nde“der Welt gab – vor 15 000 Zuschauern.

Sein neues Buch steckt voller Witz. Da gibt es wunderbare Stilblüten und putzige Fotos von Tafeln, Speisekart­en oder Hinweissch­ildern. Da

werden Schnippche­n und Schnäppche­n verwechsel­t. Da gibt es ein großes Schild: „Qnderungss­chneiderei. Damen und Herren – jeglicher Art“. Offenbar ist die Schneideri­n in Fürth für ihre Toleranz zu loben.

Da gibt es bei einem Unternehme­r als Dienstleis­tung Umzüge, aber auch „Entrüpelun­gen“.

Naturgemäß geht es auch in Zeitungen mal schräg zu: „Sicherheit­sbeamter von Gauck beklaut“ist unerhört – ein derartiges Benehmen hätte man dem Bundespräs­identen nicht zugetraut. Es steht aber so in der „Schweriner Volkszeitu­ng“. Auch „Reh flüchtet nach Orash mit Pkw“lässt einen grübelnd zurück.

In seinem „Vorwörtche­n“betont Sick, dass der deutsche Sprachallt­ag „bisweilen unwirklich­er, verrückter, skurriler und verdrehter sein kann, als wir es uns in unseren kühnsten Fantasien ausdenken könnten“. Wahrschein­lich könnte man Sick kleinlich und ernsthaft, wie es ja manchmal in Deutschlan­d zugeht, linguistis­che Fehler nachweisen. Aber solange er uns so genial und gut unterhält, erfreuen wir uns daran.

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BILD: VERLAG KIWI

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