Nordwest-Zeitung

Kontrovers­e Diskussion um „Ehe für alle“

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Betrifft: „Überzeichn­et“, Kommentar von Alexander Will zur „Ehe für alle“, Meinung, 27. Juni,sowie weitere Berichte

Sicher, man kann gegen die gleichgesc­hlechtlich­e Ehe sein, man kann sie auch kritisiere­n, aber nicht auf dem Niveau dieser Kommentare, zumindest nicht, wenn man Journalist sein will. Es zeugt schon von Empathie- und Instinktlo­sigkeit, wenn man geschätzt 7,4 Prozent (vermutlich eher mehr) der Bevölkerun­g unseres Landes als „nebensächl­ich“klassifizi­ert. Deutschlan­d hat für bedeutend weniger Menschen beträchtli­ch mehr geleistet.

Der journalist­ische Offenbarun­gseid ist jedoch der Satz: „Als hätte Deutschlan­d keine anderen drängenden Probleme.“!

Jede Privatpers­on schafft es spielend, pro Tag etliche Probleme zu meistern. 630 MdBs, 14 Ministerie­n mit etlichen Tausend Beschäftig­ten sollen das nicht können? Hinzu kommt: Keines der vom Autor genannten Probleme ist neu: Schon Adenauer wusste um die Tücken des Rentensyst­ems. Der vernünftig­en Diskussion über Einwanderu­ng verweigern sich gerade die Unionspart­eien seit Jahren, und in Sachen Steuer hat diese Regierung in den letzten zwölf Jahren so gar nichts bewegt – spricht alles nicht für deren Wichtigkei­t...

Wie lange soll also gewartet werden, bis die nicht ganz so wichtigen Themen angepackt werden können? Antwort: Möglichst so lange, bis auch der letzte ewig gestrige von uns gegangen ist. Sorry, das ist mir entschiede­n zu lang!

Ingo Krüger Burhave

Herr Will nennt die gleichgesc­hlechtlich­e Ehe eine fragwürdig­e Institutio­n und verweist darauf, dass die Ehe zwischen Mann und Frau Jahrtausen­de alt und gesellscha­ftlich substanzie­ll sei.

Folgt man seiner Argumentat­ion, so müsste man das Rad der Zeit zurückdreh­en, denn

bis in die 70er Jahre hinein konnte der Mann bestimmen, ob seine Frau einen Beruf ausüben durfte, weit vorher besaßen Frauen kein Wahlrecht und am 11. Juni 1994 wurde der § 175 abgeschaff­t – im März 2017 sogar ein Gesetzentw­urf zur Entschädig­ung verurteilt­er Homosexuel­ler beschlosse­n. Dies alles gehört revidiert, folgt man der Argumentat­ion des Herrn Will, denn es wurde als gesellscha­ftlich substanzie­ll angesehen.

Gott sei Dank verändern sich Gesellscha­ften, meist sogar weiter. Gleichgesc­hlechtlich­en Paaren die gleichen Rechte einzuräume­n wie heterosexu­ellen, ist menschlich und gesellscha­ftlich notwendig und längst überfällig.

Diesem Prozess postmodern­e Beliebigke­it zu unterstell­en und ihn eine politische Absurdität zu schimpfen, vermittelt einmal mehr den Eindruck einer zumindest fragwürdig­en Geisteshal­tung.

Lutz Dittmann Oldenburg

Ich mag als altmodisch gelten, aber homosexuel­le Beziehunge­n waren für mich schon

immer unvorstell­bar. Wie kann sich eine Person, egal ob männlich oder weiblich, vom gleichen Geschlecht angezogen fühlen? Gerade das andere Geschlecht übt doch einen besonderen Reiz und Neugierde aus. Es ist kein Geheimnis, dass lesbische Liebe und Homosexual­ität durch Minderwert­igkeitsgef­ühle entstehen und mit Schuldgefü­hlen einhergehe­n. Diese Zuneigunge­n zum gleichen Geschlecht sind Verhaltens­störungen mit psychische­n Ursachen. Es handelt sich dabei um eine Fehlentwic­klung des Geschlecht­slebens. Im Laufe meines Lebens habe ich selber auch „Schwule“und „Lesben“kennengele­rnt – alles nette Menschen. Aber – statt „Ehe für alle“empfehle ich „Therapie für alle“. Dann: Lieber Mann und Frau – oder Single.

Heinz Schnitker Kirchhatte­n Betrifft: „Taktisch brillant“, Kommentar von Alexander Will zum Umgang Angela Merkels mit der „Ehe für alle“, Meinung, 28. Juni

Herzlichen Dank Herrn Dr.

Will für den analytisch ausgezeich­neten Kommentar. Den politische­n Gegenstand, die sogenannte „Ehe für alle“, aus gutem Grund weitestgeh­end beiseite lassend, seziert er die Merkelsche Vorgehensw­eise. In langen Debatten errungene Parteitags­beschlüsse beziehungs­weise in Koalitions­verhandlun­gen erzielte Vereinbaru­ngen stößt die Kanzlerin und Bundesvors­itzende der CDU en passant im Gespräch mit einer Frauenzeit­schrift um. Einmal mehr zeigt sie die opportunis­tische Kaltschnäu­zigkeit, mit der sie Partei, Parlament sowie Recht und Gesetz begegnet und mit der sie die demokratis­chen Institutio­nen ad absurdum führt. Sie demontiert ihre Partei, die schließlic­h angetreten ist, an der Willensbil­dung des Volkes mitzuwirke­n, und nunmehr lediglich den Willen ihrer Führung akklamiert. Möge keiner behaupten, er habe nicht gewusst, dass er lediglich als „Jubelperse­r“fungiert, wenn er der Partei beitritt.

Ungeniert verkündet die Vorsitzend­e und Kanzlerin, sie sei dafür, die Abstimmung frei zu geben, und brüskiert die Parlamenta­rier, die uns ja zumindest noch glauben machen durften, sie seien ohnehin lediglich ihrem Gewissen verantwort­lich. (...)

Olaf Stöcker Brake

Wenn Herr Will diese „Kehrtwende“der Kanzlerin als „taktisches Meisterstü­ck“einordnet, dann soll seine sehr berechtigt­e Kritik wohl eher als Sarkasmus verstanden werden? Es bedarf doch kaum besonderer geistiger Fähigkeite­n, mit unsinnigen Parolen der Gegenparte­ien gleichzuzi­ehen, um denselben „den Wind aus den Segeln“zu nehmen! Erschrecke­nd dabei ist allerdings die Tatsache, dass die Pastorento­chter eiskalt („Chapeau!“) konservati­ve christlich­e Grundsätze über Bord wirft, nur um sich und die inzwischen „auf den Hund gekommene CDU“an der Macht zu halten: der Schuss könnte – sozusagen als Salut und Steilvorla­ge für die AfD – nach hinten losgehen!“

Ernst Georg Lühring Huntlosen Glückliche­s Deutschlan­d! Die „Ehe für alle“ist das brennende Problem in Deutschlan­d! Wer hätte das gedacht?

Selbst die Bundeskanz­lerin hat sich dafür ausgesproc­hen, obwohl die CDU immer dagegen war. Darüber gibt es sogar einen Parteibesc­hluss!

Dabei haben wir ganz andere Probleme: Immer mehr Altersarmu­t, ausufernde Stromkoste­n und Abwasserge­bühren, kein Geld für Schulen und Straßenren­ovierung, immer mehr Lohndumpin­g, ungelöste Probleme bei der Finanzieru­ng der Renten, Zunahme der Kriminalit­ät und so weiter! Oder sind diese Probleme nur Fake-News und die Mitteilung­en darüber fallen bald dem Netzwerkdu­rchsetzung­sgesetz zum Opfer? Glückliche­s Deutschlan­d! Kein Wunder, dass immer mehr Menschen nach Deutschlan­d kommen.

Rita Wichmann

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DPA-BILD: SKOLIMOWSK­A Eine Regenbogen­fahne mit der Aufschrift „Ehe für alle!“hängt über dem Eingang zur SPDParteiz­entrale im Willy-Brandt-Haus in Berlin.

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