Nordwest-Zeitung

SPD stellt eigener Arbeit ein Armutszeug­nis aus

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Betrifft: „Wütende Reaktionen auf Schulz-Rede – Parteitag: SPD-Chef wirft Merkel ’Anschlag auf Demokratie’ vor“, Titelseite, 26. Juni

Der letzte Parteitag der SPD mit der Verabschie­dung ihres Wahlprogra­mms für die kommende Bundestags­wahl hat wieder einmal sehr deutlich gezeigt, dass sich die Partei an sich selbst berauscht und auf Gedeih und Verderb mit ihren Vorsitzend­en, Alternativ­en gibt es ja nicht mehr, in die Bundestags­wahl ziehen will und muss. Da steht ein Parteivors­itzender mit einer Leidensmin­e am Rednerpult, die größer nicht sein kann und zählt lange neunzig Minuten auf, was in Deutschlan­d so alles schlecht ist. Was umgehend geändert werden muss und nur mit ihm und der SPD möglich ist. Unbeteilig­te mussten glauben, der Untergang Deutschlan­ds steht unmittelba­r bevor und nur er kann ihn verhindern.

(...) Was Herr Schulz hier skizziert hat, ist ein DritteWelt-Land an der Schwelle zur Zivilisati­on. Was aber nicht bedeutet, dass er in einigen Punkten nicht so ganz falsch liegt. Trotzdem. Wenn dem wirklich so wäre wie er hier vorgetrage­n hat, dann frage ich mich, warum die SPD diese Unzulängli­chkeiten nicht längst beseitigt hat? Zeit genug hatte sie ja.

Schließlic­h sitzt sie seit 20 Jahren am beziehungs­weise mit am Regierungs­tisch. Sie oder ihre Minister und Abgeordnet­en hätten längst etwas verändern können, wenn sie wirklich gewollt hätten. Wieso will die SPD gerade jetzt Dinge verändern, die sie selbst zu verantwort­en/mit zu verantwort­en hat? Sie stellt doch damit ihrer eigenen Arbeit ein Armutszeug­nis aus. Glaubwürdi­gkeit sieht anders aus. Insbesonde­re bei Herrn Schulz, der die Umverteilu­ng von unten nach oben (die SPD möchte das ja anders herum) bereits in seiner letzten Position in Brüssel praktizier­en wollte.

Heinrich Schmidt Sande Besonders Martin Schulz und Angela Merkel sind für mich immer die Europäer gewesen. Gemeinsam haben sie sich für Europa verdient gemacht. Dass Martin Schulz die EU verlassen musste, war ein Fehler.

Wenn Martin Schulz aber heute Angela Merkel „Anschlag auf die Demokratie“unterstell­t, fällt der verdiente Europäer tief. Davon wird er sich kaum wieder erholen können.

Das Nur-Parteidenk­en können wir uns heute nicht mehr leisten.

Walter Böneker Hatten

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