Nordwest-Zeitung

„SPD redet Deutschlan­d schlecht“

Kanzleramt­sminister Peter Altmaier über G20 und das CDU-Programm

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

FRAGE: Herr Altmaier, Hamburg wird während des G20Gipfels zum Hochsicher­heitstrakt. Sind solche Treffen mitten in einer Metropole das richtige Format? ALTMAIER: Solche Gipfel-Formate sind wichtiger als je zuvor. Angesichts der internatio­nalen Verflechtu­ngen in allen Bereichen von der Sicherheit bis zu Wirtschaft, Umweltund Klimaschut­z gibt es wichtige Themen, die wir nur gemeinsam lösen können. Deshalb ist es so wichtig, dass die Staats- und Regierungs­chefs regelmäßig zusammenko­mmen und darüber beraten. Die G20-Treffen finden seit mehreren Jahren in großen Städten statt. Es reisen Tausende von Journalist­en an. Die Staats- und Regierungs­chefs werden von großen Delegation­en begleitet. Dafür braucht man die entspreche­nden Konferenzr­äume, Hotels und Infrastruk­tur. Das kann man nicht auf der Grünen Wiese organisier­en. Im Übrigen: Hamburg ist unser Tor zur Welt und eine großartige Metropole. Wir und die Verantwort­lichen in der Hansestadt sind überzeugt, dass es möglich ist, in Hamburg einen guten G20-Gipfel zu veranstalt­en. Die Sicherheit­sbehörden sind gut vorbereite­t. Die Grundrecht­e auf Meinungsun­d Demonstrat­ionsfreihe­it bleiben gewahrt. FRAGE: Die wichtigste­n /irtschafts­mächte sind bei zentralen Themen nicht einig. Am 0nde steht dann nur eine inhaltslee­re Abschlusse­rklärung. Scheitert der Gipfel? ALTMAIER: In den letzten Jahren haben wir uns besonders als Folge der Weltwirtsc­haftskrise 2008/2009 mit der Regulierun­g der Finanzmärk­te beschäftig­t. Jetzt stehen wir vor neuen Herausford­erungen wie der Hilfe für Afrika, dem Kampf gegen Terrorismu­s, Umwelt- und Klimaschut­z. Der Erfolg dieser Gipfeltref­fen hängt immer davon ab, dass sich am Ende möglichst alle den Lösungen anschließe­n. Darüber sprechen wir intensiv mit unseren Partnern. Wir wollen einen Erfolg des G20Gipfels. FRAGE: Der t1rkische Präsident 0rdogan will am 2ande des G20-Treffens in Hamburg 3or 4andsleute­n auftreten. 5ann die 6undesregi­erung

dies 1berhaupt 3erhindern? ALTMAIER: Es bleibt bei unserer klaren Entscheidu­ng: Die Bundesregi­erung lehnt einen öffentlich­en Auftritt zum jetzigen Zeitpunkt, so kurz vor der Wahl, ab. Das haben wir deutlich gemacht. Dabei bleibt es, und ich hoffe, dass diese Entscheidu­ng respektier­t wird. FRAGE: „F1r ein Deutschlan­d, in dem wir gut und gerne leben“, so der Titel des /ahlprogram­ms 3on 7D8 und 7S8. Die SPD stellt dagegen die G er echtigkeit­s frage .2 eden Sie die 4age sch9n, oder redet die SPD das 4and schlecht? ALTMAIER: Die SPD redet Deutschlan­d schlecht. Und der„ G er echtigkeit­s wahlkampf“der SPD ist schon dreimal gescheiter­t: im Saarland, in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Er trifft nicht die Befindlich­keit der großen Mehrheit der Bürger in Deutschlan­d und wird der Arbeit der Großen Koalition der letzten Jahre nicht gerecht. D asses uns in Deutschlan­dgut geht, hat sich herumgespr­ochen. Das spürt die große Mehrheit der Menschen im Land. Wir stellen mit unserem Regierungs­programm die Weichen, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Es ist ein Programm der Mitte für die breite Mehrheit der Bevölkerun­g. Es geht vor allem um den Erhalt von Arbeitsplä­tzen und die stärkere Förderung von Familien und Kindern. FRAGE: :ollbeschäf­tigung liegt nicht in der Hand der Politik; ALTMAIER: Nein, aber die Politik muss die Weichen stellen. Die SPD stellt die Weichen in Richtung Vergangenh­eit. Die Sozialdemo­kraten planen umfassende Steuererhö­hungen und schließen die Wiedereinf­ührung der Vermögenst­euer nicht aus. Das Programm der SPD führt zu Umverteilu­ng und zum Verlust von Arbeitsplä­tzen. Wir haben dafür gesorgt, dass in Deutschlan­d in den vergangene­n zwölf Jahren rund fünf Millionen neue Beschäftig­ungsverhäl­tnisse entstanden sind. Wenn wir diese Entwicklun­g weiter fortsetzen, können wir die Arbeitslos­igkeit noch einmal halbieren. Das ist unser Ziel. FRAGE: Die 8msetzung der /ahl3erspre­chen w1rde rund <0 Milliarden 0uro kosten. /ie soll das finanziert werden? ALTMAIER: Die Zahl stimmt nicht. Was wir konkret zugesagt haben, halten wir ein. Das Kindergeld wird in einem ersten Schritt um 25 Euro pro Monat erhöht, der Kinderfrei­betrag entspreche­nd angehoben. Für Familien, die Wohneigent­um erwerben, wird es ein Baukinderg­eld in Höhe von 1200 Euro pro Kind und Jahr geben. Dazu kommen die Einkommens­teuersenku­ng für alle in Höhe von 15 Milliarden Euro und die Absenkung des Soli. Das können wir solide finanziere­n. Ohne neue Schulden und ohne Steuererhö­hung an anderer Stelle. Andere Maßnahmen stehen unter dem Vorbehalt der wirtschaft­lichen Entwicklun­g. Unser Programm ist seriöser als das der politische­n Mitbewerbe­r. FRAGE: Sie schreiben ein Programm, und 4änder und 5ommunen sollen die Pläne am 0nde bezahlen. =st das nicht ein ungedeckte­r Scheck? ALTMAIER: Wir werden alle Fragen, die die Länder und Kommunen betreffen, gemeinsam nach der Bundestags­wahl beraten. Wir haben Länder und Kommunen in den vergangene­n vier Jahren um bis zu hundert Milliarden Euro entlastet und werden auch in Zukunft dafür sorgen, dass sie ihren Aufgaben gerecht werden können. FRAGE: >ie zu3or hat es ein sozialdemo­kratischer­es /ahlprogram­m der 8nion gegeben, oder? ALTMAIER: Es ist ein CDUProgram­m, durch und durch. Aber es gibt heute größere Gemeinsamk­eiten und Schnittmen­gen unter Demokraten als in den fünfziger und sechziger Jahren. CDU, CSU, SPD, FDP und Grüne haben wichtige Entscheidu­ngen zum Bund-Länder-Verhältnis gemeinsam getroffen. Als Volksparte­i steht die CDU zur sozialen Verantwort­ung des Staates, das verbindet uns auch mit der SPD. Aber wir unterschei­den uns in einem Punkt: Die SPD setzt auf umfassende Umverteilu­ng. Das funktionie­rt nicht und bringt keine Arbeitsplä­tze. Am Ende werden Facharbeit­er und andere Arbeitnehm­er die Zeche bezahlen. Wir werden keine Steuern erhöhen und senken sogar Steuern in erhebliche­m Umfang. Das ist ein klares Signal für den Wirtschaft­sstandort Deutschlan­d, das uns wirtschaft­spolitisch voranbring­t. FRAGE: =n =hrem Programm heißt es mit 6lick auf die Fl1chtling­spolitik, eine Situation wie im Jahr 20?@ d1rfe sich nicht wiederhole­n. /as heißt das konkret? ALTMAIER: Wir haben seit 2015 den Schutz der Außengrenz­en der Europäisch­en Union entscheide­nd verbessert. Es gibt heute funktionie­rende Registrier­ungsverfah­ren für die Flüchtling­e, die in Griechenla­nd oder in Italien ankommen. Wir haben Unterbring­ungsmöglic­hkeiten für Flüchtling­e geschaffen und vor allen Dingen mit Ländern wie der Türkei Vereinbaru­ngen getroffen, die die illegale Migration drastisch zurückführ­en konnten. Das alles ist in den vergangene­n beiden Jahren Schritt für Schritt umgesetzt worden. Deshalb sind wir zuversicht­lich, dass sich eine Situation wie 2015 nicht wiederhole­n wird. FRAGE: Die Abergrenze, die die 7S8 so 3ehement gefordert hatte, ist 3om Tisch? ALTMAIER: Unser Wahlprogra­mm, in dem sich keine Obergrenze findet, ist in großer Gemeinsamk­eit verabschie­det worden. Die CSU wird noch ihren Bayernplan vorlegen. Dann werden wir gemeinsam die Wahl gewinnen. Alles andere diskutiere­n wir danach.

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