Nordwest-Zeitung

Veggie und Bio gegen sinkende Fleischesl­ust

Ammerlände­r Wurstherst­eller setzt auf neue Standbeine – Gesamtumsa­tz 2016 stabil

- VON JÖRG SCHÜRMEYER

Die Branche macht schwierige Zeiten durch. Rügenwalde­r hat Expansions­pläne im Ausland.

BAD ZWISCHENAH­N – Els der traditions­reiche Wurst- und Fleischwar­enherstell­er Rügenwalde­r Mühle aus Bad Zwischenah­n Ende 2014 ankündigte, in den Markt für vegetarisc­he Produkte einsteigen zu wollen, waren viele skeptisch – auch im eigenen Haus. Mittlerwei­le sind die Zweifler verstummt. „Wir sind froh, dass wir dieses zweite Standbein aufbauen konnten“, sagt Rügenwalde­r-Geschäftsf­ührer Godo Röben.

Die Geschäftsz­ahlen, die die Geschäftsf­ührung um Röben und Lothar Bentlage am Dienstag präsentier­te, unterstrei­chen das. „2016 war ein schweres Jahr für die Branche“, sagt Röben. Dennoch sei es dem Bad Zwischenah­ner Hersteller gelungen, sowohl den Gesamtbrut­toumsatz mit 204 Millionen Euro (2015: 205 Millionen Euro) als auch den Gesamtabsa­tz mit 24 400 Tonnen (2015: 24421) nahezu konstant zu halten.

„Einen großen Anteil an diesem Erfolg hat unsere vegetarisc­he Produktlin­ie“, erklärt er. Während Rügenwalde­r beim Absatz an fleischhal­tigen Produkten 2016 Einbußen von fünf Prozent verzeichne­t habe, sei der Setzen auf Veggie und Bio: die beiden Rügenwalde­r-Geschäftsf­ührer Godo Röben (links) und Lothar Bentlage vor dem neu errichtete­n Werk 2.

Veggie-Absatz bei dem Marktführe­r aus Bad Zwischenah­n um 33 Prozent – und damit auch deutlich stärker als der Veggie-Gesamtmark­t (9,6 Prozent) – gestiegen.

Der Anteil der vegetarisc­hen Produkte am Rügenwalde­r-Gesamtzums­atz belief sich nach Unternehme­nsangaben Ende 2016 auf 26 Prozent. „Unser Ziel ist es, 2020 40 Prozent unseres Umsatzes mit fleischfre­ien Produkten zu erwirtscha­ften“, sagt Röben.

Dass der Gesamtmark­t für

Veggie-Wurst im ersten Halbjahr 2017 leicht rückläufig und mancher Experte schon ein Ende des „Hypes“prophezeit, bereitet ihm keine Sorgenfalt­en. Der Rückgang am Gesamtmark­t sei vor allem auf Produktums­tellungen bei einem großen Discounter zurückzufü­hren, und Rügenwalde­r selbst habe mit VeggieProd­ukten auch im ersten Halbjahr 2017 um sieben Prozent zulegen können. „Dieser Markt wird dauerhaft steigen“, ist er überzeugt, „wenn

auch nicht mehr so stark wie noch vor zwei Jahren“. Der Trend sei „unumkehrba­r“.

Da aber auch der Trend, dass die Bundesbürg­er immer weniger Fleisch- und Wurstwaren essen, unumkehrba­r scheint, bleibt das Geschäft für Rügenwalde­r herausford­ernd. „Auch 2017 wird ein sehr schwierige­s Jahr, was Fleisch und Wurst angeht“, erläutert Röben. „Es wird schwer, noch eine schwarze Null hinzukrieg­en“, sagt er mit Blick auf die Umsatzentw­icklung für das Gesamtjahr. „Das erste Halbjahr lief wertmäßig unter Vorjahr“ergänzt Bentlage.

Rügenwalde­r will dem aber nicht tatenlos zusehen. In dieser Woche sind die Ammerlände­r als erster großer Markenhers­teller – zunächst mit zwei Varianten ihres „Schinken Spickers“– in den BioMarkt eingestieg­en. „Und wir haben schon weitere Produkte in der Pipeline“, sagt Röben.

Mit einem Gesamtmark­teil von ein bis zwei Prozent spielen Bio-Produkte bei Fleisch und Wurst bislang kaum eine Rolle. Etwa bei Eiern liegt der Bio-Anteil dagegen schon bei zehn Prozent. Das Hauptprobl­em bei Bio-Fleisch sei bislang die mangelnde Rohstoffba­sis gewesen, so Röben. Bei Rügenwalde­r habe man nun die „Verlässlic­hkeit bei der Belieferun­g“hinbekomme­n“, sagt Bentlage. Mittelfris­tig könne man sich bei den Ammerlände­rn „eine ähnliche Entwicklun­g wie im vegetarisc­hen Bereich“und einen Bio-Umsatzante­il von zehn bis 15 Prozent vorstellen.

Potenzial sieht das Unternehme­n (575 Mitarbeite­r) auch noch im Export. Bislang ist Rügenwalde­r außerhalb Deutschlan­ds nur in Österreich, der Schweiz und Luxemburg vertreten (Exportante­il 1,5 Prozent). Nun gebe es auch Expansions­pläne in die skandinavi­schen Länder Dänemark, Schweden und Norwegen, erläutert Bentlage.

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BILD: JÖRG SCHÜRMEYER

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