Nordwest-Zeitung

Wirbel um schwules Känguru im Theater

Bühne in Baden-Baden nimmt Ulrich Hubs Geschichte vom 9<iel<lan

- VON ULF MAUDER UND WOLFGANG JUNG

BADEN)BADEN : Ein von der Kritik gelobtes Stück über ein schwules Känguru, das am Theater Baden-Baden inszeniert wurde, sorgt für Debatten über die Stadtgrenz­en hinaus. Nach zwölf geplanten Aufführung­en nimmt Intendanti­n Nicola May die Geschichte „Ein Känguru wie Du“des Autors Ulrich Hub nicht wieder auf den Spielplan. „Mehr als sonst mussten Vorstellun­gen abgesagt werden“, teilt das Haus dazu mit.

Das „Badische Tagblatt“berichtete von Elternprot­est, der zur Absetzung führte, von Gegenwind, den Lehrer von Eltern bekamen. Beim Ticketserv­ice und in den theaterpäd­agogischen Vor- und Nachbereit­ungen in den Schulen habe das Theater die „vermehrt gespaltene­n Meinungen zum Stück“mitbekomme­n, so das Theater.

Zwar ist es unter dem Grünen-Regierungs­chef Winfried Kretschman­n in Baden-Württember­g

politisch gewollt, das Thema sexuelle Vielfalt auch mit einem eigens aufgelegte­n Bildungspl­an an Schüler heranzufüh­ren. Doch verordnen lässt sich Toleranz eben nicht. Davon konnte sich auch die Politik überzeugen, als besorgte Eltern im vergangene­n Jahr bei der „Demo für alle“gegen eine Sexualisie­rung ihrer Kinder protestier­ten.

Intendanti­n May erinnert sich, dass die „Demo für alle“

auch ein Grund dafür war, ein solches Stück auf die Bühne zu bringen. Inzwischen ist der kritisiert­e Bildungspl­an in Kraft, wenn auch – nach Ansicht des Lesben- und Schwulenve­rbandes – kaum mit durchschla­gender Wirkung.

„Ich bin seit einem Jahr mit dem Buch auf Tour und höre auch manchmal: ,Können Sie bitte aus einem anderen Buch lesen‘“, sagt der in Berlin lebende Autor. Die Kinder seien angeblich zu klein und würden überforder­t. In der Kommentars­palte auf der Internetse­ite des Carlsen Verlags liest sich das – neben Lob für die tiefsinnig­e Geschichte – so: „Wer kleine Kinder mit Schwulsein überfallen will, wählt dieses Buch . . .“.

Hub ist dagegen überzeugt: „Kinder nehmen das anders wahr, unvoreinge­nommener.“Er betont, dass die Handlung mit Altersfrei­gabe ab acht Jahren sich um Freundscha­ft drehe – nicht ums Schwulsein.

Das SWR-Fernsehen zeigte jüngst einen Beitrag über das schwule, boxende Känguru. Zu sehen ist die abgesetzte Inszenieru­ng nun bei den baden-württember­gischen Theatertag­en in Ulm. „Wir wollen einen Dialog in Gang und Fragen des Zusammenle­bens auf die Bühne bringen“, lautet die Begründung. Intendanti­n May sieht sich bestärkt. Für den 9. Juli lädt sie zu einer szenischen Lesung ein – inklusive Diskussion zum Thema „Was darf ein Känguru im Kinderthea­ter?“.

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BILD: DPA-JOCHEN KLENK Umstritten: die Schauspiel­er (von links) Sonja Dengler (Känguru), Patrick Schadenber­g (Tiger) und Manuel Dengler (Panther) bei den Proben in Baden-Baden

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