Nordwest-Zeitung

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Kielerin dreht Drittrunde­nspiel – „Vielleicht ist das der Wendepunkt“– Auch Alexander Zverev im Achtelfina­le

- VON CAI-SIMON PREUTEN

Entschloss­en: Angelique Kerber bejubelt einen Punktgewin­n im Drittrunde­n-Spiel gegen Shelby Rogers.

Kerber kämpft sich langsam aus ihrem Formtief. Am Samstag =eigte sie >ene ?ualitäten, die sie =ur Nummer eins der Weltrangli­ste gemacht haben.

LONDON – Ein Bild bringt die Erinnerung­en zurück. Und damit die Hoffnung. Angelique Kerber reißt das rechte Bein in die Höhe und den Mund weit auf. Die Unterarme winkelt sie an, die freie Hand ballt sie zur Faust. Mit der linken umklammert sie ihren Schläger. Vor Glück schreit sie laut auf.

Nach Wochen voller Niederlage­n, Selbstzwei­feln und Kritik war Kerbers Jubelpose, in ihrem traumhafte­n Tennisjahr 2016 ein Markenzeic­hen, beinahe in Vergessenh­eit geraten. In Wimbledon hat die Kielerin sie wiederentd­eckt, und auch wenn sie noch auf der Suche nach ihrer Bestform ist: Immerhin den Kampfgeist hat Kerber wieder gefunden. Er war stets ihre größte Stärke.

„Es ist wichtig für mich zu sehen, dass ich es noch kann. Ich kann wieder Matches drehen“, sagte die Vorjahresf­inalistin nach dem hart erkämpften 4:6, 7:6 (7:2), 6:4 gegen Shelby Rogers aus den USA. 0:30 lag sie beim Stand von 4:6, 2:4 zurück, wehrte einen Breakball zum möglichen 2:5 ab und setzte sich am Ende doch noch durch. „Vielleicht ist das der Wendepunkt. Wir werden sehen“, sagte Kerber.

Mit dem Rücken zur Wand, als Außenseite­rin, auf die niemand mehr auch nur ein Pfund setzen will – so fühlt sich Kerber am wohlsten. Die Amerikaner hatten ihr einst den Spitznamen „Houdini“verliehen. Kerber (29) erinnerte sie an den großen Entfesselu­ngskünstle­r, der sich mit Tricks und Täuschunge­n aus jeder noch so ausweglose­n Enge befreien konnte. Die Illusion einer Weltklasse­spielerin wird Kerber im Achtelfina­le an diesem Montag (12.30 Uhr) jedoch kaum ausreichen.

„Ich kann nicht nur hoffen und rüberbring­en“, sagte Kerber vor dem Duell mit der Spanierin Garbine Muguruza. Dafür schlage die Wimbledonf­inalistin von 2015 „zu doll, dafür ist sie zu gut und erfahren“. Die letzten vier Aufeinande­rtreffen mit Muguruza, die in diesen Wimbledon-Tagen noch ohne Satzverlus­t ist, hat sie verloren, aber „das hat gar nichts zu sagen“.

Trotz spricht aus ihrer Stimme und trotzig muss Kerber sein, um sich und ihre Gegnerin auf dem Court quälen zu können. Die Rolle der Branchenfü­hrerin, die alleine durch majestätis­che Ausstrahlu­ng die Konkurrenz einschücht­ert, lag ihr nie. Das Bild der Kämpferin mit weit aufgerisse­nem Mund und geballten Fäusten taugt eher dazu, sich verlorenen Respekt zurückzuho­len.

Respekt bei den Kollegen erarbeitet hat sich Alexander Zverev nicht erst in Wimbledon, auch wenn er im All England Club erstmals in seiner Karriere die zweite Woche eines Grand-Slam-Turniers erreicht hat – „ein Meilenstei­n“, wie der Hamburger nach dem 6:4, 6:4, 6:2 gegen den Qualifikan­ten Sebastian Mfner (Österreich) sagte. Im Achtelfina­le trifft der 20-Jährige an diesem Montag auf den kanadische­n Aufschlagr­iesen Milos Raonic, der im vergangene­n Jahr erst im Finale gestoppt worden war.

Für seinen Bruder Mischa, der gegen den Schweizer Roger Federer mit 6:7 (3:7), 4:6, 4:6 verlor, ist der 20-Jährige trotzdem nicht der Außenseite­r: „Er hat sehr gute Chancen. Alexander kann für einige Nberraschu­ngen sorgen.“

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AP-BILD: WIGGLESWOR­TH

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