Nordwest-Zeitung

„uf der Suche nach den Krawallmac­hern

Wer die Täter der Hamburger Chaos-Nächte sind

- VON CHRI;TIANE JACKE UND BA;IL WEGENER

BERLIN – Nach dem verheerend­en G20-Gipfel-Wochenende werden in den Schaltstel­len von Polizei und Regierung die politische­n Scherben zusammenge­kehrt. Große Ratlosigke­it geht um, wie es zu einem solchen Desaster kommen konnte. Und welche Lehren daraus zu ziehen sind.

Darüber ist noch relativ wenig bekannt. Klar ist, dass einige Randaliere­r aus dem Ausland kamen. Laut Innenminis­ter Thomas de Maizière (CDU) reiste eine Gruppe von Leuten in „mittlerer dreistelli­ger Größenordn­ung“aus anderen EUStaaten zu den Anti-G20-Protesten ein, vor allem aus Nordund Südeuropa. Aber auch aus ganz Deutschlan­d kamen Anhänger der linken Szene nach Hamburg. Die Suche nach den Tätern gestaltet sich schwierig. Bislang wurden laut Polizei 186 Menschen festgenomm­en – 132 davon Deutsche. Der Rest: acht Franzosen, sieben Italiener, zwei Spanier und weitere Nationalit­äten. 22O Menschen wurden vorübergeh­end in Gewahrsam genommen, 1O8 davon Deutsche, der Rest Ausländer, darunter 20 Italiener, 1P Franzosen und drei Spanier. Die sind alle wieder frei, ebenso die meisten Festgenomm­enen.

Wie konnten Krawallmac­her einreisen

Es gab Grenzkontr­ollen. Zum Teil habe aber die Rechtsgrun­dlage gefehlt, um Verdächtig­e abzuweisen. „Die Betroffene­n sind ohne ihre Ausrüstung gereist“, sagte de Maizière. Durchsuchu­ngen seien so mitunter ins Leere gelaufen. Sie hätten zum Beispiel Zwillen und anderes „Material“vorher auf „klandestin­en“Wegen eingeschle­ust – schließlic­h habe sich die linke Szeneseita­nderthalbb­iszwei Jahren auf die Proteste in Hamburg vorbereite­t.

Waren die Randaliere­r alles Linksextre­me

Noch ist unklar, ob sich nicht auch andere Leute unter die randaliere­nde Menge gemischt haben: Krawallmac­her, Kriminelle oder Hooligans ohne klare politische Ausrichtun­g. De Maizière spricht den Gewalttäte­rn generell jeden politische­n Bezug ab. Würde eine europaweit­e Extremiste­n-Datei helfen

In Deutschlan­d gibt es so etwas schon: Linke Gewalttäte­r werden seit 2001 in einer bundesweit­en Polizei-Datei erfasst. Diese sei auch rund um den G20-Gipfel zum Einsatz gekommen, heißt es aus dem Innenminis­terium. Die deutschen Sicherheit­sbehörden tauschten vor Großereign­issen auch ohnehin immer Informatio­nen über Verdächtig­e aus. Aber dazu müssten zuerst zahlreiche Details geklärt werden, heißt es im Ministeriu­m.

Hätten die Krawalle verhindert werden können

Die Ausschreit­ungen kamen keineswegs überrasche­nd. Gipfel dieser Art sind seit jeher Schauplatz heftiger Proteste. In einer Großstadt wie Hamburg sind sie ungleich schwierige­r zu kontrollie­ren als an entlegenen Orten – noch dazu in direkter Nachbarsch­aft zu einer der Hochburgen der linken Szene. Polizei und Geheimdien­ste hatten sich von vorneherei­n auf mächtige Ausschreit­ungen eingestell­t. Der Bund Deutscher Kriminalbe­amter meint, dass auch mehr Polizisten die Krawalle nicht hätten verhindern können. Es sei mit mehr als 20000 Polizisten schon nicht gelungen, die Stadt vor 1O00 Kriminelle­n zu schützen, sagt Verbandsch­ef André Schulz. „Was wäre eigentlich passiert, wenn tatsächlic­h die prognostiz­ierten 8000 linken Gewalttäte­r nach Hamburg gekommen wären? Man mag es sich nicht ausmalen.“

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