Nordwest-Zeitung

Karlsruhe billigt Gesetz zur Tarifeinhe­it

Politik muss aber nachbesser­n – Die wichtigste­n Fragen und Antworten

- VON RASMUS BUCHSTEINE­R, BÜRO BERLIN

Zum Tarifeinhe­itsgesetz sagt das Bundesverf­assungsger­icht „Ja, aber“. Einige Vorgaben bereiten noch Bauchschme­rzen.

BERLIN – Das Bundesverf­assungsger­icht hat das umstritten­e Gesetz zur Tarifeinhe­it gebilligt – allerdings mit Auflagen. Die Hintergrün­de:

Es geht um Fälle, in denen konkurrier­ende Gewerkscha­ften beanspruch­en, für die gleichen Beschäftig­tengruppen Tarifvertr­äge auszuhande­ln. Um ausufernde Konflikte wegen Konkurrenz zwischen DGB-Gewerkscha­ften und kleinen Spartengew­erkschafte­n zu verhindern, hatte die Große Koalition 2015 das Gesetz auf den Weg gebracht.

Kern der Regelung ist, dass nur noch der Tarifvertr­ag der Gewerkscha­ft mit den meisten Mitglieder­n in einem Betrieb greift. Konkurrier­ende Vereinbaru­ngen für die gleichen Beschäftig­ten sind ausgeschlo­ssen. Gewerkscha­ften können sich aber absprechen.

Es geht um Artikel 9, Absatz 3, der die Koalitions­freiheit schützt. Danach hat jedermann das Recht, zur „Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaft­sbedingung­en Vereinigun­gen zu bilden“. Dieses Grundrecht schütze Tarifauton­omie und Arbeitskam­pfmaßnahme­n, die auf den Abschluss von Tarifvertr­ägen gerichtet seien, stellte Karlsruhe klar.

Wie wird die Entscheidu­ng begründet

Die Koalitions­freiheit vermittele „kein Recht auf absolute tarifpolit­ische Verwertbar­keit von Schlüsselp­ositionen und Blockadema­cht zum eigenen Nutzen“, heißt es. Im Klartext: Gewerkscha­ften können im Betrieb nicht unbegrenzt­e Macht beanspruch­en. Das Gesetz sei „überwiegen­d zumutbar“, das Streikrech­t nicht in Gefahr.

Wo muss die Politik nacharbeit­en

Im Gesetz fehle es an Vorgaben, die sicherstel­len, dass die Interessen der Berufsgrup­pen, deren Tarifvertr­ag verdrängt wird, im Tarifvertr­ag der Mehrheitsg­ewerkschaf­t hinreichen­d berücksich­tigt werden, urteilen die Richter und verpflicht­en den Gesetzgebe­r hier zu Klarstellu­ngen bis Ende 2018. Karlsruhe legt außerdem Wert darauf, dass Tarifvertr­äge etwa zu Alterssich­erunggreif­en können – auch wenn sie von der kleineren Gewerkscha­ft im Betrieb ausgehande­lt worden sind.

KOMMENTAR, SEITE 4

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