Karlsruhe billigt Gesetz zur Tarifeinheit
Politik muss aber nachbessern – Die wichtigsten Fragen und Antworten
Zum Tarifeinheitsgesetz sagt das Bundesverfassungsgericht „Ja, aber“. Einige Vorgaben bereiten noch Bauchschmerzen.
BERLIN – Das Bundesverfassungsgericht hat das umstrittene Gesetz zur Tarifeinheit gebilligt – allerdings mit Auflagen. Die Hintergründe:
Es geht um Fälle, in denen konkurrierende Gewerkschaften beanspruchen, für die gleichen Beschäftigtengruppen Tarifverträge auszuhandeln. Um ausufernde Konflikte wegen Konkurrenz zwischen DGB-Gewerkschaften und kleinen Spartengewerkschaften zu verhindern, hatte die Große Koalition 2015 das Gesetz auf den Weg gebracht.
Kern der Regelung ist, dass nur noch der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern in einem Betrieb greift. Konkurrierende Vereinbarungen für die gleichen Beschäftigten sind ausgeschlossen. Gewerkschaften können sich aber absprechen.
Es geht um Artikel 9, Absatz 3, der die Koalitionsfreiheit schützt. Danach hat jedermann das Recht, zur „Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden“. Dieses Grundrecht schütze Tarifautonomie und Arbeitskampfmaßnahmen, die auf den Abschluss von Tarifverträgen gerichtet seien, stellte Karlsruhe klar.
Wie wird die Entscheidung begründet
Die Koalitionsfreiheit vermittele „kein Recht auf absolute tarifpolitische Verwertbarkeit von Schlüsselpositionen und Blockademacht zum eigenen Nutzen“, heißt es. Im Klartext: Gewerkschaften können im Betrieb nicht unbegrenzte Macht beanspruchen. Das Gesetz sei „überwiegend zumutbar“, das Streikrecht nicht in Gefahr.
Wo muss die Politik nacharbeiten
Im Gesetz fehle es an Vorgaben, die sicherstellen, dass die Interessen der Berufsgruppen, deren Tarifvertrag verdrängt wird, im Tarifvertrag der Mehrheitsgewerkschaft hinreichend berücksichtigt werden, urteilen die Richter und verpflichten den Gesetzgeber hier zu Klarstellungen bis Ende 2018. Karlsruhe legt außerdem Wert darauf, dass Tarifverträge etwa zu Alterssicherunggreifen können – auch wenn sie von der kleineren Gewerkschaft im Betrieb ausgehandelt worden sind.
KOMMENTAR, SEITE 4
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