Nordwest-Zeitung

„Keine 100 Prozent Sicherheit vor Überflutun­gen“

Brandenbur­gs damaliger Umweltmini­ster Matthias Platzeck warnt vor neuen Gefahren

- VON GUDRUN JANICKE

FRAGE: Es heißt immer wieder: Platzeck hätte eim OderHochwa­sser nie Gummistief­el getragen und esitze is heute keine. Ha en Sie sich nun ein Paar angeschaff­t? PLATZECK: Ja klar, auf meinem uckermärki­schen Hof brauche ich die. Während des Hochwasser­s trug ich ein paar feste Lederschuh­e. Wenn man beim Hochwasser Gummistief­el trägt, ist es meistens schon zu spät. FRAGE: Das Hochwasser von 1997 hat einen Neuanfang im Hochwasser­schutz ewirkt. Milliarden Euro werden eingesetzt. Kann sich so ein Hochwasser heute noch einmal wiederhole­n? PLATZECK: Wir sind heute um ein Vielfaches besser aufgestell­t als 1997. In den vergangene­n zwei Jahrzehnte­n floss viel Geld in den Hochwasser­schutz, so in Deichbau und die Schaffung von Überflutun­gsflächen. Wir haben auch sehr viel in die Verbesseru­ng der Organisati­on der Einsätze gesteckt. Beim Hochwasser 2013 konnten wir in Brandenbur­g erste Früchte ernten und kamen, anders als SachsenAnh­alt, glimpflich davon. Aber heute steckt auch eine ganz andere Wucht bei den Niederschl­ägen dahinter. Es wird angesichts des Klimawande­ls nie mehr eine 100prozent­ige Sicherheit geben. FRAGE: +enn Sie an den Sommer vor 20 .ahren zur/ckdenken: +elche 0egegnung lei t 1hnen is heute in Erinnerung? PLATZECK: Nicht nur eine. Ich habe Menschen kennengele­rnt, zu denen der Draht bis heute nicht abgerissen ist. Ein Beispiel ist Hans-Peter von Kirchbach, General der Bundeswehr­truppen, die dort im Einsatz waren. Auch viele Kameraden der freiwillig­en Feuerwehre­n verdienen Anerkennun­g und sind mir in Erinnerung geblieben, genau wie tatkräftig­e und mutige Mitarbeite­r des Landesumwe­ltamtes. FRAGE: 2ausende mussten ihre Häuser verlassen3 auch gegen ihren +illen. 4om 5Deichgraf­en6 wurde erwartet3 Mut zu machen und 78sungen zu ieten. +o stießen Sie sel st an 1hre Grenzen? PLATZECK: Wir haben versucht, die ganze Zeit möglichst ehrlich und umfassend zu informiere­n, ohne unnötige Ängste zu wecken und Panik zu verbreiten. Es war oft eine Gratwander­ung. Und als die Entscheidu­ng fiel, das Oderbruch zu evakuieren, konnte man nichts beschönige­n. Nach vier Toten in den Nachbarlän­dern war unsere Reihenfolg­e klar: An erster Stelle stehen Leben und Gesundheit der Menschen. Am Ende war nicht ein einziges Menschenle­ben zu beklagen. FRAGE: 1n der Storm-Novelle 5Der Schimmelre­iter6 stir t Deichgraf Hauke Haien mit seiner 9amilie3 weil ein alter Deich richt. Der zuvor neu ge aute hielt. Sie wurden undesweit als Deichgraf ekannt. Macht Sie der 2itel heute noch stolz? PLATZECK: Ach, da ist die Zeit inzwischen drüberweg gegangen. Ich habe den Namen über die vier entscheide­nden Wochen nicht wahrgenomm­en und erst danach bemerkt. Der Begriff war ein Ausdruck des Vertrauens der Menschen, das hat mich gefreut. Wir konnten aber vor allem erleben, was in den Menschen an Kraft, Mut und Hilfsberei­tschaft steckt. Das war außergewöh­nlich.

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DPA-BI=D: KUMM
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