Löchern aus Prinzip und als Strategie
Volker Kuhnert optimistisch – Ausstellung im Guggenheim-Museum Bilbao ein festes
Der deutsche Honorarkonsul im spanischen Bilbao hat dem Oldenburger Perforationskünstler wenig Hoffnung gemacht. Doch das ficht den 73-Jährigen nicht an.
OLDENBURG – Ob das gefürchtete „Sommerloch“in der Ferienzeit überhaupt existiert, darüber lässt sich trefflich streiten. Das Loch an sich jedenfalls hat im Atelier des Künstlers Volker Kuhnert immer Saison, denn er hat es vor mehr als 30 Jahren zum künstlerischen Mittel erkoren. Die Zeit vergeht, aber der 73-Jährige löchert noch immer.
„Perforation Art“nennt er seine Kunst. Der griffige Titel stammt von der „Washington Post“, die 1986 dem Oldenburger Künstler und seiner Ausstellung in der Galerie der Deutschen Botschaft eine Viertel Seite widmete. In den 80er Jahren hat Kuhnert die verschiedensten Dinge gelocht. Auf dem Kunstmarkt in Göttingen im Jahr 1981 nahm er sich sogar die Tür seines eigenen Autos vor und bearbeitete sie vor viel Publikum mit der Bohrmaschine.
Das Fahrzeug war hinterher keineswegs schrottreif, denn vorsorglich hatte Kuhnert zuvor eine neue Tür eingesetzt und entsprechend lackiert. Die perforierte Tür, erzählt er, habe er seinerzeit für 180 Mark seinem Galeristen verkauft. Sie hänge noch heute über dessen Sofa.
Als Perforationskünstler hat Kuhnert seitdem seinen Stil immer weiterentwickelt – bis hin zum „Perforismus“. Dabei überzieht er Porträts – etwa von James Dean oder Hollywood-Schönheiten – mit winzigen, an den Impressionismus erinnernde Lochstrukturen. Ein Farbgewusel, aus dem die bekannten Gesichtszüge schemenhaft und irgendwie neu „beseelt“hervortreten.
Seine jüngste Kreation aber ist ein opulenter Jugendstilspiegel, vor dessen Spiegelfläche er eine perforierte Folie befestigt hat, so dass sie sich doppelt – einerseits real und anderseits gespiegelt. Wer hineinschaut, erscheint gewissermaßen selbst gelocht. Und wird auf das eigene Gesicht fokussiert, verschwimmt die Lochstruktur.
So unermüdlich Kuhnert perforiert, so unverdrossen und optimistisch verfolgt er sein Ziel und seinen künstlerischen Traum, einmal im spanischen Guggenheim-Museum Bilbao auszustellen. Den Kontakt zu dem riesigen Museum für moderne Kunst konnte er bereits herstellen. Im vergangenen Jahr hat er dem Museum ein Foto eines farbintensiven Gemäldes geschickt – „Hommage à Bilbao“–, auf dem er dessen spektakuläre Architektur zum Thema macht, zurückhaltend kombiniert mit seinen typischen Perforationen.
Inzwischen hat er auch Post vom deutschen Honorarkonsul in Bilbao, Michael J. Voss, erhalten. Ein freundliches Schreiben, in dem Voss dem Künstler allerdings wenig Hoffnung macht, in absehbarer
Zeit einen Weg zu finden, sein Anliegen zu unterstützen.
Aber so etwas haut einen Perforationskünstler nicht um. Kuhnert bleibt optimistisch und verweist ungerührt auf seine Ausstellung „Hommage à Christo“2004 im Berliner Reichstagspräsidentenpalais. Für deren Realisierung habe er auch mehr als drei Jahre benötigt.
Nun hat er neue Wege eingeschlagen, sein Ziel zu erreichen. Nach einem Besuch beim Oldenburger IsenseeVerlag plant er eine Publikation zu seinem Gesamtwerk – inklusive einer CD mit Abbildungen von all seinen Arbeiten. Nun muss er nur noch Sponsoren finden, die das Buchprojekt gemeinsam mit ihm finanzieren. Aber, wie könnte es auch anders sein, auch in dieser Hinsicht ist der Künstler zuversichtlich.
Einen kleinen Trost hat er schon jetzt: Das GuggenheimMuseum Bilbao schickt ihm monatlich sein neues Veranstaltungsprogramm. Das ist nach Ansicht Kuhnerts noch ausbaufähig: „Aber es muss immer nachgeschoben werden. Das ist das Geheimnis.“
@ www.nwzonline.de/ sommerloch
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