Nordwest-Zeitung

Erster Tag im „Paradies der Fußgänger“

Blick auf den Eröffnungs­tag – Bilder zur Veränderun­g der Innenstadt in den vergangene­n Jahren

- VON KARSTEN RÖHR

Die Oldenburge­r eroberten am 2. August den Kern ihrer autofreien Altstadt auf neue Weise. Es war ein großer Tag.

ÜbDE dmSc – Wie es damals war, am „Tag eins“in Oldenburg? So hat es Horst Daniel am 2. August in der NordwestZe­itung in seinem Bericht zur Eröffnung der Fußgängerz­one beschriebe­n, illustrier­t mit nebenstehe­ndem Bild: „Von einem ,befreiende­n Gefühl’ sprachen am Dienstag Straßenpas­santen, Kaufleute und Polizeibea­mte in der Innenstadt. Das ganz neue City-Gefühl hielt sich auch am Nachmittag, als in den Häuserschl­uchten des Geschäftsz­entrums die Schattente­mperatur auf 30 Grad anstieg – weit und breit kein Auto, das mit Auspuffgas­en die drückende Luft hätte vergiften können! Der erste Tag in der neugeschaf­fenen Fußgängerz­one verlief so, wie sich das die Bevölkerun­g, die Kaufmannsc­haft, die Stadtverwa­ltung und die Polizei gewünscht hatten.“

Dazu spielten die HeeresMusi­ker aus Münster unter Hauptmann Hollmann, für die die Oldenburg-Werbung einen „vierstelli­gen Unkostenbe­itrag“spendiert hatte und die Oldenburge­r PolizeiMus­ikgemeinsc­haft unter Obermeiste­r Teschner.

Lediglich „sieben private Personenwa­gen, die sich seit Montag nicht mehr vom Fleck bewegt hatten, ein ,Otto’-Fahrzeug der Polizei und die beiden Busse, mit den das Heeresmusi­kkorps 13 nach Oldenburg gekommen war, bildeten am Dienstagna­chmittag während der drei ,totalen’ Sperrstund­en die gesamte in der 13 Hektar umfassende­n Alle schick für einen besonderen Tag – am 1. August 1967. Unter dieses Bild schrieb die NWZ damals: „Im neuen Fußgängerb­ereich sind ab Dienstag Autos ausgesperr­t. Der Ansturm von Passanten unterstric­h gestern die Notwendigk­eit der Regelung, von der sich die Geschäftsw­elt Auftrieb erhofft.“

Fußgängerz­one gegenwärti­ge Motorisier­ung“, schrieb Lokalredak­teur Daniel damals.

Die Autos waren weg und die Stimmung war bestens. Und so zog Adolf-Ernst Harms von der Oldenburg-Werbung entspreche­nd am Abend zufrieden Bilanz. Nur einer hob am Ende doch nochmal den Zeigefinge­r, das war der Polizei-Oberrat Zwad, und zwar mit Blick auf die Pedaleure: „Die Radler werden diejenigen sein, die uns ein Schnippche­n schlagen, wenn wir in einigen Tagen die Posten abziehen und die Sperrböcke wegnehmen.“

Was für ein Weitblick, dieser Polizei-Oberrat Zwad, werden sich manche Oldenburge­r denken, an denen täglich in der Fußgängerz­one Radler – mit zunehmende­r Tendenz – zügig vorbeidüse­n. Zwad Schöne Konstanten: Geschäfte wie Munderloh mit seinem Aushänge-Schild, Hallersted­e oder auch Café Berger – ansonsten hat sich doch eine Menge verändert.

schlug zur verschärft­en Eintrichte­rung übrigens vor, die neue Zone speziell für die Radfahrer „zusätzlich zur Beschilder­ung durch große Transparen­te zu kennzeichn­en“. Könnte man heute bald

auch wieder drüber nachdenken.

Jedenfalls hatte der Fußgängerb­ereich „Made in Oldenburg“, der erstmals einen ganzen Stadtkern betraf, eine enorme Ausstrahlu­ng. „Mehr

als 50 Delegation­en aus dem gesamten Bundesgebi­et, auch aus Groningen, Enschede und Wien begutachte­ten die Oldenburge­r Lösung. Sogar der „Pariser Kurier“berichtete über das Einkaufspa­radies im

Grünen. Die Stadt selbst warb mit der gelungenen Verbindung von Bummeln und Parken. Aber ganz rund lief das am Anfang trotz neuer Parkhäuser und Parkfläche­n noch nicht, wie Daniel nach dem ersten Tag andeutete: „Außerhalb der Zone waren die meisten City-Bummler wieder Autofahrer, Autofahrer, denen die Galle überläuft, wenn sie ihren Wagen beispielsw­eise auf dem Waffenplat­z eingekeilt vorfinden. – Schon der erste Tag des Fußgängerb­ereichs hat auch nach den Beobachtun­gen der Polizei gezeigt, daß dem ,Paradies der Fußgänger’ das ,Paradies der Autoparker’ folgen muß.“Ð Am Mittwoch: Anzeigen der Geschäfte zur Eröffnung der Fußgängerz­one

Mehr Berichte und Bilder: www. nwzonline.de/fussgaenge­rzone

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BILD: ISENSEE
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BILD: KARSTEN RÖHR
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