Oentimentaler GanC durchs Elternhaus
Jnka 9pille auf Erinnerungstour im ehemaligen „Hotel zum 9chlachthof“
In dem Haus haben jetzt Rechtsanwälte eine Kanzlei. Einst übernachtete Lale Andersen in der Kleinen 9tube.
OLDENBURG – Hier stand die Theke, und dort standen die Tische, hier hat Lale Andersen geschlafen, wenn sie das Schiff nach Langeoog verpasst hat, dort war mein Kinderbett, da ist die Brandbombe durchs Dach bis in den Keller gefallen: Aus Inka Spille sprudelt es nur so heraus. Begleitet von Investor Dirk Onnen, Architekturbüro Onnen/Kubus Immobilien, sowie den Rechtsanwälten Christoph Halfmann und Hauke Hobbie streift sie durch das ehemalige „Hotel zum Schlachthof“am Stau, in dem sie große Teile ihrer Kindheit verbracht hat. Festgehalten hat sie ihre Erinnerungen in ihrem im Isensee-Verlag erschienenen Buch „Meine Kindheit im Hotel Zum Schlachthof“.
w.teresse an Geschichte
Nun residiert die Kanzlei Einfeld/Halfmann/Biernoth in den angemieteten Räumen. Eine glückliche Fügung. Halfmann ist sehr interessiert an der Geschichte der Stadt, in den Fluren warten bereits historische Aufnahmen darauf, aufgehängt zu werden. Zu sehen ist darauf beispielsweise die Überfahrt eines Zeppelins vor etwa 100 Jahren über die Stadt. Die Aufnahme stammt aus dem Besitz des Sammlers Helmuth Steenken, Halfmanns kürzlich verstorbener Schwiegervater.
Das Gebäude des ehemaligen Hotels hat Onnen für 1,4 Millionen Euro saniert und erweitert. Hinzugekommen ist ein Wintergarten, der als Tagungsraum genutzt wird. Außerdem wurden mit alten Steinen die Giebel wieder aufgebaut und das Dachgeschoss wieder hergestellt. Es war nach dem Einschlag der Brandbombe abgebrannt. „Wir sind in den Bunker neben dem Wasserturm geflüchtet“, erzählt Inka Spille beim Rundgang durchs Haus. Über So sah das hier aus: Inka Spille hat im „Hotel am Schlachthof“ihre Kindheit verbracht.
ihrem Kinderbett erinnerte noch Jahre später ein Fleck in der Decke an die Schrecken. Dabei war die Kindheit der 72-Jährigen unbeschwert verlaufen. Der Stau, der Hafen und der benachbarte Schlachthof war der Spielplatz der „Staubuttjer“, die dort auch Dinge taten, die ihnen eigentlich verboten waren – zum Beispiel auf dem Schlachthof und zwischen den Schlachtabfällen zu spielen. „In den Schlengen, die zur Uferbefestigung genutzt wurden, bauten wir Höhlen. Das Ufer fiel noch flach zum Wasser ab“, erzählt Spille weiter.
Schnaps vor der Arbeit
Das wahre Kinderparadies war aber der „verbotene“Schlachthof. „Auf den gestapelten Fellen der geschlachteten Kühe turnten wir herum, spielten Ticker und Verstecken“, erzählt Inka Spille. Das Ende des Hotels begann, als der Schlachthof 1977 geschlossen wurde und nach Tweelbäke zog. Bis 1991 wurden
Gäste beherbergt, dann erkrankte Inhaber Brandis schwer, der Betrieb wurde aufgegeben und das Grundstück samt Gebäude später an die Stadt verkauft.
Festgehalten hat Inka Spille in ihrem Buch auch die Erlebnisse von Männern, die betrunken mit der Mistkarre nach Hause gefahren werden mussten oder nach einem ausgedehnten Kneipenbummel schlafend im Graben saßen. Eine andere Zeit war das damals. Der Zusammenhalt war groß. Schon vor der Arbeit trafen sich die Schlachter um 6 Uhr morgens und tranken zusammen Schnaps.
Die Großeltern von Inka Spille, Martha und Ernst Brandis (senior), hatten das Haus 1920 gekauft und in unmittelbarer Nachbarschaft zum damaligen Schlachthof ein Hotel mit Gaststätte und Restaurant eröffnet. Darin übernachteten Handelsvertreter und Arbeiter, die Kühlanlagen warteten. Inka Spilles Eltern Johanne und Ernst Brandis (junior) übernahmen das Hotel 1946.
Beim Gang durchs Haus
bleibt Inka Spille immer wieder stehen. „Hier war unsere kleine Stube, da durfte Lale Andersen übernachten.“Die 72-Jährige zeigt auf die Stelle, wo das Sofa stand.
Anfang der 90er-Jahre habe die Stadt mit ihren Eltern Kontakt aufgenommen und auf den Verkauf gedrängt. Bezahlt wurde aber nur das Grundstück, das Haus sei nichts wert, habe es damals geheißen. Nun freut sich Inka Spille über das Engagement von Dirk Onnen, der die Immobilie „mit viel Liebe und Engagement saniert hat“, wie sie dankbar sagt. Onnen wollte ursprünglich die zugeschüttete alten Hafenbecken wieder öffnen und an ihren Rändern Häuser bauen. Doch der Stadtverwaltung missfiel dieser Plan.
Zum Glück haben die Rechtsanwälte Sinn für Historisches und Antiquitäten. Aus dem Landgericht haben sie alte Regale vor dem Sperrmüll gerettet, in denen nun in der Bibliothek der Kanzlei Bücher stehen.
Die Fußböden sind erhalten geblieben und so flackern in Inka Spille Erinnerungen daran auf, wie sie den Küchenboden geschrubbt und den Gastraum gewischt hat. „Stunde, um Stunde“, erzählt sie noch immer etwas leidend. Auch ein Zimmer für die angestellten Hausmädchen gab es. Da sind deren Liebhaber ab und an durchs Fenster geklettert, erzählt sie schmunzelnd weiter. Überhaupt – Liebespaare hat es viele gegeben in der Gegend. Gegenüber waren Schrebergärten, auch da war oftmals viel los. Im Keller wurden Kartoffeln und Äpfel gelagert. „100 Essen kochte meine Mutter am Tag“, erzählt sie. Da gab’s viel zu tun.
Zum Schluss der Führung nimmt Inka Spille Dirk Onnen in den Arm und bedankt sich herzlich. „Ganz toll ist das geworden“, freut sie sich mit Tränen in den Augen. Wohlwissend, dass die Erinnerungen an ihre Kindheit, ihr Elternhaus und das „Hotel zum Schlachthof“erhalten sind.
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