Pistorius fordert Extremisten-Datei
Niedersachsens Innenminister verlangt europaweit einheitliche Standards
Pistorius warnt vor der Vernetzung von Autonomen. Europa solle stärker zusammenarbeiten.
HANNOVER – Els eine erste Konsequenz aus den Krawallen von G20-Gegnern in Hamburg fordert Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius den Aufbau einer an Europol angegliederten europäischen Extremisten-Datei. Der SPDPolitiker stellt sich damit hinter eine ähnliche Forderung, von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Sie werde auf der nächsten Innenminister-Konferenz auf dem Tisch sein, wenn die Konsequenzen des Gipfels besprochen würden, so Pistorius am Mittwoch in Hannover.
Notwendig sei aber auch
ein Katalog mit europaweit einheitlichen ExtremismusDefinitionen. Auf diesem Feld habe die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden in den vergangenen 20 Jahren kaum Schritt mit dem Aufbau des grenzenlosen SchengenRaums gehalten. Vor einem Treffen mit rund 200 aus Hamburg zurückgekehrten Polizisten sagte der Minister, eines der ersten Erkenntnisse betreffe die starke internationale Vernetzung der autonomen Szene, die in Hamburg mit extremer Gewaltbereitschaft aktiv gewesen sei. Es brauche im Kampf dagegen eine gestärkte europäische Polizeibehörde Europol, eine gestärkte Datenvernetzung.
Niedersachsens Landtagsopposition hielt Pistorius vor, er verstecke sich hinter Schutzbehauptungen. Es sei unvorstellbar, dass die linksextreme Szene so schwer zu beobachten sei, sagte der FDP-Fraktionsvize Stefan Birkner: „Sich hinzustellen und zu sagen, diese Szene schotte sich besonders ab und es sei sehr schwierig, hier einzudringen, ist nicht nachvollziehbar.“Die FDP beantragte eine Unterrichtung im Landtags-Innenausschuss.
Jens Nacke (Wiefelstede), der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, kritisierte: „Die Landesregierung hat den Linksextremismus jahrelang ignoriert und läuft dem Thema unter dem Eindruck des G20-Gipfels hinterher.“Pistorius täusche immer dann Aktivitäten vor, wenn es zu spät sei. Unterstützung kam dagegen vom SPD-Abgeordneten Ulrich Watermann: „Der G20-Gipfel in Hamburg hat einmal mehr deutlich gemacht, dass dem Phänomen des gewaltbereiten Linksextremismus auch auf europäischer Ebene begegnet werden muss.“
Niedersachsen wird mit zehn Beamten in der Sonderkommission vertreten sein, die die G20-Ereignisse aufarbeiten soll. Das Land hatte zur Unterstützung der Hamburger Kollegen rund 1900 der 13000 externen Polizeibeamten entsandt. Damit war Niedersachsen gemessen an seiner Größe überproportional am G20-Einsatz beteiligt. Pistorius betonte erneut, dass das Land auch weiter andere Länder unterstützen werde. Allerdings gebe es ein deutliches Missverhältnis im Vergleich zu anderen Bundesländern bei den angeforderten und selbst geleisteten Unterstützungsleistungen.
„Die Landesregierung hat den Linksextremismus jahrelang ignoriert“JENS NACKE