Nordwest-Zeitung

Experten warnen vor Hebammenma­ngel

GEBURTSHIL­FE Elterninit­iative veröffentl­icht Reisewarnu­ng für Schwangere – Auch ostfriesis­che Inseln betroffen

- VON RASMUS BUCHSTEINE­R UND ROBERT OTTO-MOOG

Auf den Inseln gibt es längst keine Geburtshil­fe mehr. Hebammen klagen über zu hohe Kosten.

BERLIN/NORDERNEY – Die Geburtenra­ten in Deutschlan­d steigen – die Zahl der Hebammen sinkt. Und das sorgt besonders zur Urlaubszei­t für Probleme. „Schwangere Frauen sollten sich gut überlegen, welche Gebiete innerhalb Deutschlan­ds sie für ihren Urlaub wählen“, warnt Katharina Desery von der Elterninit­iative „Mother Hood“, die eine Reisewarnu­ng für Schwangere herausgege­ben hat.

Vor allem in Großstädte­n gebe es erhebliche­n Hebammen-Mangel, in vielen ländlichen Regionen geschlosse­ne Kreißsäle. In den Ferien seien zudem viele Hebammen selbst im Urlaub. Gewarnt wird vor allem vor Reisen nach Bayern, Mecklenbur­gVorpommer­n, Schleswig-Holstein und Hessen, hinzu kommen Ballungsze­ntren sowie die deutschen Inseln. „Wer hochschwan­ger nach Sylt fährt, riskiert, sein Kind im Autozug aufs Festland zu bekommen“, sagte Desery. Auch auf Norderney gibt es seit fast fünf Jahren keine Geburtshil­fe mehr. „Seitdem müssen alle aufs Festland“, sagte eine Klinik-Mitarbeite­rin der Ð.

In Niedersach­sen gibt es nur noch in 75 von 182 Krankenhäu­sern Geburtshil­fe. So hat etwa der Landkreis Diepholz zwar mehr als 200000 Einwohner, aber keinen einzigen Kreißsaal mehr. Dass es mancherort­s zu wenig Hebammen gibt, sei lange bekannt „und nicht nur ein Problem in der Urlaubszei­t“, sagte Katja Dörner, Bundestags­fraktionsV­ize der Grünen. Sie fordert einen „Sicherstel­lungszusch­lag für Hebammen“in unterverso­rgten Regionen.

Ein großes Problem für viele Geburtshel­ferinnen: Dem Deutschen Hebammenve­rband zufolge haben sich von 2002 bis 2017 die Haftpflich­tversicher­ungsprämie­n mehr als verzehnfac­ht. Viele könnten diese Prämien nicht mehr erwirtscha­ften.

SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach warnte hingegen vor „Panikmache“. Es gebe „keinen einzigen Flecken in Deutschlan­d“, an dem eine Geburt nicht unter „höchsten medizinisc­hen Standards“möglich wäre.

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