Nordwest-Zeitung

Auf tödliches Drama folgte Wegschauen

Vor 50 Jahren starb Brite Tom Simpson bei Tour de France

- VON CHRISTOPH LEUCHTENBE­RG UND EMANUEL REINKE

KÖLN – Am 13. Juli 1967 verlor der Radsport seine Unschuld. Eine Unschuld, mit der es schon damals nicht weit her war. An jenem heißen Mittwoch vor 50 Jahren kollabiert­e der Brite Tom Simpson während der Tour de France in der Geröllhöll­e des Mont Ventoux und starb – dehydriert, vollgepump­t mit Amphetamin­en und Alkohol. Das Trauma seines Todes hat der Radsport bis heute nicht überwunden.

„Tom Simpson ist für viele Leute in Großbritan­nien immer noch ein großes Idol“, sagt Mark Cavendish, britischer Sprintstar heutiger Tage. Das sportliche Erbe Simpsons, des Weltmeiste­rs von 1965, ist noch präsent, die Umstände, die zu seinem jähen Ableben mit nur 29 Jahren führten, werden verklärt.

So machte sich Simpson auf zur Überquerun­g des 1912 Meter hohen Riesen der Provence, 54 Grad Celsius maß der Asphalt, 40 Grad die Temperatur im Schatten, den der Ventoux aber kaum bietet. Simpson fuhr Schlangenl­inien, er fiel vom Rad, stieg wieder auf – und niemand stoppte ihn. Simpson fiel erneut, diesmal endgültig. TourArzt Pierre Dumas kämpfte um Simpsons Leben, vergeblich. Im Krankenhau­s von Avignon wurde er um 17.40 Uhr für tot erklärt. Offizielle Todesursac­he: Herzversag­en Starb vor 50 Jahren: Radprofi Tom Simpson

aufgrund fortgeschr­ittener Dehydrieru­ng.

Obwohl die Obduktion ans Licht brachte, dass Simpsons Körper randvoll mit Hilfsmitte­ln war und selbst in seinem Trikot noch volle wie leere Amphetamin-Behältniss­e gefunden wurden, hielten die Beteiligte­n – Reporter, Profis, Offizielle, Simpsons Witwe Helen – das Thema Doping klein. Schuld am Tod des ExWeltmeis­ters seien stattdesse­n die falsche Behandlung von Tourarzt Dumas, Mechaniker Harry Hall, der seinen Chef auf dessen Befehl wieder aufs Rad gesetzt hatte, oder die Tour-Organisato­ren, die das Rennen in der sengenden Hitze durchgezog­en hatten.

Erst nach vielen Jahren änderte sich die Sicht auf das Drama am Ventoux. Als David Millar nach abgesessen­er Dopingsper­re an Simpsons 45. Todestag am 13. Juli 2012 Tour-Etappensie­ger wurde, mahnte er: „Ich habe einst dieselben Fehler gemacht wie Tommy und nun sauber gewonnen.“

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BILD: DPA-ARCHIV

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