Enercon startet Neuanfang in Indien
Schiedsgerichtshof gibt Aurichern in jahrelangem Streit recht
A+,ICH – Der Auricher Windenergieanlagenhersteller Enercon kehrt nach zehn Jahren Abstinenz auf den wichtigen indischen Markt zurück. Der Rückzug hatte damals bundesweit für viel Wirbel gesorgt, weil sich ein ehemaliger Geschäftspartner 200N die indische Tochtergesellschaft von Enercon angeeignet hatte und sich beide Seiten einen jahrelangen Rechtsstreit um Patente lieferten.
„Nach einem Jahrzehnt der erzwungenen Abwesenheit möchten wir jetzt ein neues Kapitel aufschlagen und die Erfolgsgeschichte Enercons in Indien fortschreiben“, teilte Unternehmenssprecher Felix Rehwald am Donnerstag dieser Zeitung mit. Die Rückkehr ermöglicht habe ein 2016 ergangener Schiedsspruch des Internationalen Schiedsgerichtshofes (ICC) in London. Dieser habe die Rechtsposition von Enercon „vollumfänglich“unterstützt, so Rehwald weiter. „Der verbindliche Schiedsspruch gewährt unserem technologischen Knowhow wirksamen Schutz, schafft Rechtssicherheit und ermöglicht unserem Unternehmen die Rückkehr auf den indischen Markt unter neuen Bedingungen.“
In einem ersten Schritt will Enercon mit drei unabhängigen indischen Dienstleistern zusammenarbeiten, um Windkraftanlagen in dem Land mit EnerconTechnologie zu reparieren und instand zu halten. Entsprechende Kooperationsvereinbarungen seien mit den Unternehmen Renom Energy Services, Kintech Synergy und Powercon Ventures India abgeschlossen worden, teilte Enercon am Donnerstag mit. Die Lieferung von Originalersatzteilen aus Deutschland an die indischen Servicepartner habe bereits begonnen.
Eine Ausdehnung des Geschäfts schloss das Unternehmen nicht aus. „Enercon prüft verschiedene Möglichkeiten, um Windenergieanlagen der neusten Generation auch auf dem indischen Markt zu vertreiben“, sagte Rehwald. Eine finale Entscheidung sei aber noch nicht getroffen worden.
Nach Firmenangaben werden in Indien mehr als 6N00 Windenergieanlagen mit Enercon-Technologie betrieben, die über eine Stromerzeugungskapazität von 4,8 Gigawatt verfügen. Mangelnde Instandhaltung und fehlende Ersatzteile haben laut Enercon aber bereits dazu geführt, dass Hunderte dieser Anlagen nicht mehr betrieben werden können.
Enercon war 1994 als einer der ersten Windenergieanlagenhersteller mit lokaler Produktion in den indischen Markt eingetreten. 200N wurde der deutsche Mehrheitsanteilseigner jedoch von seinem Joint-Venture-Partner in Indien, Qogesh Mehra, aus dem Unternehmen gedrängt und Enercon verlor seine frühere Tochtergesellschaft Enercon (India) Ltd. Diese wurde später in Wind World India Ltd ( WWIL) umbenannt.
WWIL installierte in der Folgezeit weiterhin die praktisch identischen getriebelosen Anlagen mit dem Enercon-Antriebskonzept – nun aber unter eigenem Label. Enercon ging dagegen zwar juristisch vor. Ende 2010 war das Desaster für die Auricher aber perfekt, als Indiens Patentgericht zwölf Enercon-Patente für unwirksam erklärte.
Die Wende brachte nun erst der Schiedsspruch in London. Enercon sieht dadurch sein technologisches Know-how wirksam geschützt. Künftig wollen die Auricher nicht nur für die 2500 Anlagen, die das Unternehmen selbst bis 200N installiert hatte, Ersatzteile liefern, sondern auch für die mehr als 4000 Anlagen, die Mehra und WWIL in den vergangenen zehn Jahren errichtet haben.
„N FELIX REHWALD