So wenig Fachkräfte wie nie
440 000 Stellen unbesetzt – Experten sprechen von dramatischem Ausmaß
Dringend gebraucht werden Mathematiker, Informatiker, Naturwissenschaftler und Techniker. Dabei geht es nicht nur um Akademiker.
BERLIN – Der Fachkräftemangel für die Berufe aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) hat einen Rekord und ein dramatisches Ausmaß erreicht: 440000 MINT-Stellen waren im Juni 2017 zu besetzen, 13,6 Prozent mehr als vor einem Jahr. Das geht aus einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln) hervor.
Weil die Arbeitslosigkeit in den MINT-Berufen binnen eines Jahres um 9,2 Prozent zurückgegangen ist, erreichte auch die Arbeitskräftelücke einen neuen Höchststand von 257000 Personen. Viele Stellen für MINT-Akademiker blieben unbesetzt. Besonders prekär ist die Situation aber in den MINT-Facharbeiterberufen. Hier lag die Arbeitskräftelücke im Juni bei 118 400 Personen und hat sich damit innerhalb von zwei Jahren nahezu verdoppelt.
Experten schlagen Alarm: „Viele der großen Herausforderungen – von der Digitalisierung über erneuerbare Energien bis hin zu Industrie 4.0 – sind technischer Natur und benötigen zu ihrer Bewältigung in erster Linie technisches Know-How“, erklärte IW-Arbeitsmarktfachmann Oliver Koppel am Montag im Ð-Gespräch. Viele talentierte Jugendliche, die vor einer Generation noch eine Ausbildung zum Elektroniker gemacht hätten, studierten heute Elektro-Ingenieurwesen. „Diese Jugendlichen fehlen heute auf dem Ausbildungsmarkt“, sagte Koppel.
Unterdessen gibt es eine Gegenentwicklung: Laut Studie des Deutschen Zentrums für die Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) starten immer mehr Studienabbrecher eine betriebliche Ausbildung: 60000 BachelorStudenten und damit 43 Prozent aller Abbrecher haben 2016 in den ersten sechs Monaten nach der Exmatrikulation eine Fachausbildung begonnen. Damit lag die Quote fast doppelt so hoch wie 2008.