Jetzt geht es ans Eingemachte
Worum in der zweiten Verhandlungsrunde zwischen der EU und Großbritannien gestritten wird
Die Chefunterhändler geben sich freundlich. Doch die KompromissSuche wird schwierig.
BRÜSSEL – Mit großen Differenzen sind die EU und Großbritannien in die ersten konkreten Verhandlungen über den Brexit gestartet. EU-Chefunterhändler Michel Barnier und der britische Minister David Davis beteuerten zwar am Montag ihren Willen, rasch Fortschritte zu erzielen. Die bekannten Positionen liegen aber weit auseinander.
Beide Seiten verhandeln über ein Abkommen für den für 2019 geplanten britischen EU-Austritts. Bis Donnerstag sollen Arbeitsgruppen Kompromisse ausloten. Jetzt gehe es zur Sache, sagte Barnier. „Wir müssen unsere jeweiligen Positionen untersuchen und vergleichen, um gute Fortschritte zu erzielen.“ Wer verhandelt: Als Emissär der seit der Unterhauswahl am 8. Juni nur noch geduldeten Minderheitsregierung von Theresa May verhandelt Brexit-Minister Davis mit EUUnterhändler Barnier. In der zweiten Reihe brüten der britische Staatssekretär Oliver Robbins und Barniers Stellvertreterin, die Deutsche Sabine Weyand, mit Experten über schwierigen Themen. Worum es geht: Die EU hat drei Fragen zu Topthemen erklärt, die bis Herbst weitgehend abgeräumt werden sollen: Bleiberechte für rund 3,2 Millionen EU-Bürger in Großbritannien und 1,2 Millionen Briten in der EU; finanzielle Pflichten Londons aus der gemeinsamen EU-Zeit (inoffiziell geschätzt auf bis zu 100 Milliarden Euro); und die Gestaltung einer möglichst durchlässigen EU-Außengrenze zwischen der Republik Irland und Nordirland. Was umstritten ist: Die britsche Regierung hat zur Frage der Bleiberechte ein detailliertes Angebot vorgelegt: Alle EU-Bürger im Vereinigten Königreich sollen die Chance bekommen, sich um einen „gesicherten Status“zu bewerben und zu bleiben. Doch der EU geht das nicht weit genug. Knackpunkte sind die vorgeschlagene Bewerbung (die auch abgelehnt werden kann), die Sonderkategorie „settled status“(den man verlieren kann), der Familiennachzug und der Rechtsweg. Können die EU-Bürger ihre Rechte in Großbritannien auch künftig beim Europäischen Gerichtshof einklagen? Ein Muss, sagt die EU. Niemals, sagt London. Finanzforderungen wischte Außenminister Boris Johnson so schnippisch beiseite, dass Barnier grundsätzlich wurde: „Es ist unerlässlich, dass das Vereinigte Königreich die Existenz finanzieller Verpflichtungen anerkennt.“Tatsächlich gab London am Wochenende ein Signal in diese Richtung. Wie es weitergeht: Die EUSeite scheint gefasst auf Stolpersteine und Theaterdonner. Für die erste Verhandlungsphase bis Herbst wird ein Eklat nicht ausgeschlossen. Geht alles glatt, soll die EU der 27 im Oktober oder spätestens Dezember Phase zwei einläuten: Verhandlungen über die künftige Partnerschaft.