Nordwest-Zeitung

Druck erhöhen

- VON 3NBREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

Erst Incirlik, jetzt Konya – wer gedacht hatte, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan würde sich angesichts des Abzuges und der Verlegung deutscher Truppen nach Jordanien schnell wieder beruhigen, sieht sich getäuscht. Nachdem die Bundesregi­erung ein Auftrittsv­erbot für das türkische Staatsober­haupt vor seinen Landsleute­n in Deutschlan­d am Rande des G20-Gipfels verhängt hatte, holt Erdogan jetzt zum Gegenschla­g aus. Noch ein Besuchsver­bot für Bundestags­abgeordnet­e bei der Parlaments­armee im Einsatz!

Und die Bundesregi­erung setzt auf Deeskalati­on, spielt den Eklat herunter. Da wird das Verbot kurzerhand zur Verschiebu­ng deklariert in der Hoffnung, Zeit zu gewinnen. Ankara verabschie­det sich mit dieser Entscheidu­ng als verlässlic­her Partner in der Allianz, schließlic­h handelt es sich um einen Nato-Stützpunkt. Die Nato muss jetzt Farbe bekennen, Generalsek­retär Jens Stoltenber­g Klartext reden. Wer dem Bündnis angehört, hat sich auch an die Regeln zu halten. Wer Schutz und Beistand einfordert, sollte die Allianz nicht für innenpolit­ische Manöver missbrauch­en.

Die Bundeswehr ist eine Parlaments­armee. Daher kann den Abgeordnet­en das Recht, sich vor Ort ein Bild über den Einsatz und die Bedingunge­n zu machen, nicht auf Dauer verwehrt werden. Andernfall­s führt am Abzug kein Weg vorbei. Die Nato-Mitglieder dürfen sich nicht von Erdogan auseinande­r dividieren lassen, sondern müssen den Druck erhöhen. Wer auf der einen Seite den Schutz deutscher Soldaten in Anspruch nimmt, wie etwa bei der Überwachun­g des türkischen Luftraumes, sie auf der anderen Seite aber quasi als Geiseln für seine politische­n Zweck missbrauch­t, verhält sich unlauter. Es braucht ein klares Signal der Nato gegenüber Ankara, um Erdogans Provokatio­nen zu stoppen.

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