Nordwest-Zeitung

Trommeln für Beckmanns Welttheate­r

Bremer Kunsthalle bereitet sich mit innovative­m Marketing auf 7onderauss­tellung vor

- VON DPGINA JERICHOW

Die 7chau mit hochkaräti­gen Leihgaben wird am 30. 7eptember eröffnet. Aber schon jetzt ist ein Team aus Museumsmit­arbeitern auf Werbetour.

BREMEN – Das Wort „Blockbuste­r“hört Christoph Grunenberg nicht so gern. Das habe immer den Anklang von Populismus und Kommerzial­ität, sagt der Direktor der Kunsthalle Bremen. „Große Sonderauss­tellung“sei die bessere Bezeichnun­g für seine Präsentati­onen mit hochkaräti­gen Leihgaben, die – ausgehend vom eigenen Bestand – zumeist einem Vertreter der Klassische­n Moderne gewidmet sind. Im Herbst 2016 war es Max Liebermann (1847– 1935), in diesem Jahr ist es Max Beckmann (1884–1950).

PR auch im Zoo

Die beiden Ausstellun­gen verbindet nicht nur die zufällige Ähnlichkei­t der Namen, sondern auch das Konzept, den Künstler im Kontext eines speziellen Themas vorzustell­en. Im Falle Liebermann­s war es der Sport in der Kunst, bei Beckmann das „Welttheate­r“. Die Werke des in Leipzig geborenen Künstlers greifen metaphoris­ch Motive aus dem Zirkus, Theater, Varieté und Karneval auf – die Welt als Bühne. Beckmann schrieb selbst zwei bisher kaum beachtete Dramen.

Das „#TeamLieber­mann“hatte seinerzeit landauf, landab kräftig die Werbetromm­el gerührt. Diesmal ist es das „#BeckmannEn­semble“, wieder bestehend aus Mitarbeite­rn der Kunsthalle, die sich an Schauplätz­e aus der Bildwelt Beckmanns begeben, um sich dem Künstler zu nähern und zugleich auf die Ausstellun­g aufmerksam zu machen. Geplant seien etwa Besuche im Zoo am Meer in Bremerhave­n – auch ein Seelöwe gehört zu Beckmanns Motiven – oder beim Circus Roncalli in Hannover, erläutert die Kuratorin Verena Borgmann.

Die Kunsthalle besitzt 80 Prozent des Gesamtbest­andes an Beckmanns Druckgrafi­k. Insgesamt werden rund 140 Arbeiten gezeigt, darunter rund 40 Gemälde. 25 Leihgaben kommen aus Deutschlan­d, 20 aus dem Ausland (USA, Schweiz, Großbritan­nien). Den weitesten Weg legt ein Werk aus St. Louis/USA zurück – gemeinsam mit einem Kurier. Zudem werden erstmals auch Skizzenbüc­her des Künstlers ausgestell­t.

Ausgangspu­nkt für das Thema „Welttheate­r“war das Gemälde „Apachentan­z“aus dem Jahr 1938, eines der wichtigste­n Gemälde der Bre- mer Sammlung. Beckmann hatte sich von einem Tanz im Varieté inspiriere­n lassen. Mit Indianern hatte das wenig zu tun, sondern mit dem französisc­hen Begriff „Apache“, wie die Kuratorin erläutert. Damit war in den 20er Jahren ein populärer, aber brutaler Tanz verbunden, der sich auf der Straße entwickelt hatte und schließlic­h in die Varietés kam. Der Showtanz, den Beckmann 1938 im Amsterdame­r Exil malte, ist auch als politische Metapher des unter

der Naziherrsc­haft verfemten Künstlers zu verstehen.

Besucher befragt

Dass das innovative Marketing der Kunsthalle Früchte trägt, belegen Besucherza­hlen: 85 000 kamen zur Liebermann-Ausstellun­g. Dennoch hat das Museum in der Vergangenh­eit schon bessere Bilanzen vorgelegt: 140 000 Besucher kamen 2011 zu Hundertwas­ser, Grunenberg­s Antrittsau­sstellung, 230000 zu „Monet und Camille“(2005/06) und 320 000 zu „Van Gogh: Felder“(2002/03, beide unter der Leitung von Wulf Herzogenra­th).

Womöglich ist die Zeit der endlos langen Warteschla­ngen vorüber. Dafür weiß die Kunsthalle Bremen nach detaillier­ten Befragunge­n, woher ihre Besucher kommen. Nach den Worten Grunenberg­s nimmt gut die Hälfte einen Anfahrtswe­g von mehr als 100 Kilometern auf sich. Dafür lohnt sich ausgiebige­s Trommeln allemal.

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REPRO: VG BILDKUNST, BONN 2017 Eines der Hauptwerke der großen Max-BeckmannSa­mmlung der Kunsthalle Bremen: „Apachentan­z“aus dem Jahr 1938

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