Ehrenpräsident kassierte 74 000 Euro
Hamelner Schützenverein stellte gegen Geld Sachkundenachweise aus
HANNOVER – Im Prozess um illegale Geschäfte mit Waffenbesitzkarten hat die Verteidigung Freisprüche für die drei Vorstandsmitglieder eines Hamelner Schützenvereins gefordert. Dem 60-jährigen Ehrenpräsidenten des Schießsportclubs wird besonders schwere Bestechlichkeit vorgeworfen. Er soll in 53 Fällen Männern und Frauen zu Unrecht Sachkunde-Nachweise ausgestellt haben, die für den Erwerb großkalibriger Waffen notwendig sind. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft kassierte er dafür in der Regel 1560 Euro pro Anwärter, insgesamt von 2013 bis 2016 rund 74 000 Euro. Der italienische Gastronom bestreitet die Vorwürfe. Der ehemalige erste Vorsitzende des Vereins – ein 53-jähriger Rechtsanwalt – sowie der 39 Jahre alte frühere Vize-Chef müssen sich wegen Beihilfe verantworten.
Der Ehrenpräsident eines Schützenvereins sei kein Amtsträger, deshalb könne er auch nicht wegen Bestechlichkeit angeklagt werden, argumentierte der Rechtsanwalt des 60-Jährigen, Dirk Schoenian am Donnerstag. Für den Sachkunde-Nachweis hätten die Hobby-Schützen eigentlich ein Jahr Mitglied im Verein sein und bestimmte Schießübungen sowie eine theoretische Prüfung absolvieren müssen. Ein Großteil der Interessenten legte den Ermittlungen zufolge aber keine Prüfung ab. Die Staatsanwaltschaft hatte fünfeinhalb Jahre für den 60-Jährigen gefordert. Für den 59-jährigen Mitangeklagten hielt sie Bewährungsstrafen von 21 Monaten, für den 39-jährigen von 15 Monaten für angemessen.
Der Hauptangeklagte sitzt seit Mai 2016 wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft Das Urteil wird am Freitag erwartet.